Samstagsspiele Fußball-Bundesliga: Ein Tag der Emotionen

Kaum eine Mannschaft kann so gut Abstiegskampf wie der SC Freiburg. Ausgerechnet gegen Meister FC Bayern landete er einen 2:1-Coup.

Wut, Trauer, Frohsinn. Hier glückliche Fans in Freiburg Bild: dpa

FREIBURG dpa | Der SC Freiburg feiert und singt und lacht im Abstiegskampf der Fußball-Bundesliga. Ausgerechnet gegen Meister FC Bayern München landeten die Breisgauer am Samstag einen 2:1 (1:1)- Coup und konnten nach dem Siegtor von Joker Nils Petersen in der 88. Minute ihr Glück kaum fassen.

„Als wir am Boden lagen, sind wir aufgestanden. Jetzt dürfen wir nicht anfangen zu spinnen und zu fliegen“, warnte Christian Streich, als er sich wieder beruhigt hatte. Der SC-Trainer war nach dem Schlusspfiff förmlich Richtung Kabine gestürzt – plötzlich lag er auf der Nase.

Vier Tage nach dem Champions-League-Aus gegen den FC Barcelona nutzten die Bayern ihre spielerische Klasse und Überlegenheit nicht, um Bedenken wegen Wettbewerbsverzerrung auszuräumen. „Die sind einfach kaputt. Es wäre Schwachsinn, da was reinzuinterpretieren“, meinte jedoch Freiburgs Angreifer Felix Klaus.

Freiburg kletterte vor dem letzten Spieltag auf den 14. Tabellenplatz und darf auf ein Happy End beim Mitkonkurrenten Hannover 96 hoffen. Bastian Schweinsteiger erzielte in seinem 500. Pflichtspiel für die Bayern die Führung der Gäste in der 13. Minute. Ein Ballverlust des Nationalmannschaftskapitäns führte dann zum überraschenden 1:1 durch Admir Mehmedi (33.), ehe Petersen das mit 23 900 Zuschauern ausverkaufte Schwarzwaldstadion erbeben ließ.

Hannover vs. Augsburg

Erschöpft, erleichtert und überglücklich lagen sich die Abstiegskämpfer von Hannover 96 nach dem ersten Sieg 2015 in den Armen. Der am Saisonende scheidende Kapitän Lars Stindl bescherte den Niedersachsen am Samstag mit seinem Doppelpack (34./54. Minute) ein 2:1 (1:1) beim FC Augsburg. Es war der erste Sieg der Niedersachsen in der Fußball-Bundesliga seit dem 2:0 im Hinspiel gegen den FCA Ende vergangenen Jahres.

„Wir haben das Quäntchen Glück heute erzwungen“, sagte Trainer Michael Frontzeck, der seine kurze Rettungsmission nach dem Sprung auf Platz 15 am letzten Spieltag erfolgreich vollenden könnte. „Das war ein wichtiger Schritt, aber noch nicht der entscheidende“, sagte Frontzeck vor dem finalen „Showdown gegen Freiburg“. Matchwinner Stindl war nach einem „Wahnsinnsspiel“ geschafft, aber happy: „Ich hoffe, dass wir den Sieg nächste Woche vergolden.“

Beim FC Augsburg überwog direkt nach dem Spiel die Enttäuschung, obwohl er trotz der Niederlage zumindest die Qualifikationsspiele zur Europa League praktisch gesichert sind. „Die Konkurrenz hat für uns gespielt. Es ist ein Wahnsinnsausrufezeichen für den FC Augsburg, international zu spielen“, erklärte Weinzierl nach turbulenten 90 Minuten. Kapitän Paul Verhaegh traf für Augsburg per Foulelfmeter (30.). Ein weiterer Handelfmeter wurde den Schwaben verwehrt.

In der hektischen Schlussphase gab es sogar drei Platzverweise. Erst sah Hannovers Hiroki Sakai Gelb-Rot (77.), dann vor 30.660 Zuschauern auch FCA-Kapitän Verhaegh (90.). Und Augsburgs Torjäger Raúl Bobadilla wurde in der Nachspielzeit für eine Tätlichkeit sogar mit glatt Rot bestraft (90.+5). „Die Belastung für die Trainer ist auch unendlich groß“, bemerkte Frontzeck zum Liga-Endspurt.

Mainz vs. Köln

Auch nicht leicht hat es Nikolce Noveski. Seine Mitspieler standen Spalier. Mit reichlich Tränen und herzlichen Worten schickte der FSV Mainz 05 Nikolce Noveski aufs sportliche Altenteil. „Du bist lebendige Tradition bei Mainz 05“, rief Manager Christian Heidel dem 36-jährigen Mazedonier zu, und die große Mehrheit der 33 702 Zuschauer skandierte den Namen des allseits beliebten, aber stets schweigsamen 05-Kapitäns.

Beim 2:0 (0:0) am Samstag in der Fußball-Bundesliga gegen den 1. FC Köln war Noveski im letzten Heimspiel noch einmal eine der prägenden Figuren. Zum Saisonabschluss beim deutschen Meister Bayern München könnte Noveski sein 256. und letztes Erstligaspiel bestreiten.

„Er hat es verdient, als großer Mann abzutreten“, sagte Trainer Martin Schmidt und hält den Zeitpunkt für richtig, um nicht irgendwann auf der Tribüne zu versauern. Noveski selbst hätte liebend gern seinen auslaufenden Vertrag noch einmal verlängert. „Ich fühle mich noch fit“, sagte der 36-Jährige, der einen Wechsel nicht ausschließen will. Doch auch Gespräche mit Mainz stehen an.

Mönchengladbach vs. Bremen

Fit ist auch das Team aus Mönchengladbach: „Champions League, Champions League“, skandierten die glücklichen Anhänger von Borussia Mönchengladbach schon Minuten vor dem Abpfiff. Und als kurz darauf der verdiente 2:0 (0:0)-Erfolg bei Werder Bremen feststand, stürmten die Borussen-Profis allesamt in die Gladbach-Kurve und feierten mit ihren Fans den ersten Einzug in die Gruppenphase der lukrativen Fußball-Königsklasse. „Ein überragendes Gefühl“, sagte Sportchef Max Eberl, dessen Team am Samstag den ersten Sieg in Bremen seit 28 Jahren perfekt gemacht hatte.

Der stets gefährliche Raffael avancierte vor 42.100 Zuschauern im ausverkauften Weser-Stadion mit seinen Treffern (53./85. Minute) zum Matchwinner des besten Rückrunden-Teams, das zumindest Platz drei in der Bundesliga sicher hat. Werder war trotz allen Bemühens nicht in der Lage, der erhofften Europa-League-Qualifikation näher zu kommen. Rang sechs, der den Einzug garantiert, ist nur noch theoretisch möglich. „Wir haben gut mitgespielt, aber es hat definitiv die bessere Mannschaft gewonnen“, stellte Coach Viktor Skripnik fest.

Dortmund vs. Wolfsburg

Jürgen Klopp diskutierte nach Schlusspfiff mit Schiedsrichter Marco Fritz, doch die Fans feierten die Spieler trotz der 1:2 (1:1)-Niederlage beim VfL Wolfsburg. Die Anhänger von Borussia Dortmund ließen sich den Nachmittag nicht verderben, obwohl das Ergebnis ernüchternd war und der BVB auf dem erhofften Weg in die Europa League einen Rückschlag erlitt. „Der Schiedsrichter hat ein überragendes Spiel gemacht, aber in drei Situationen daneben gelegen“, lästerte Klopp: „Ansonsten ist alles gut.“

Im drittletzten Spiel mit Klopp auf der Bank konnten sich die Dortmunder bei der Generalprobe für das DFB-Pokalfinale keinen Punkt sichern und die Heimserie des VfL in der Volkswagen-Arena nicht beenden. Der BVB bleibt damit vor dem letzten Punktspiel gegen Werder auf Platz sieben.

Die beiden Pokalfinalisten zeigten eine unterhaltsame Vorstellung mit hohem Tempo. „Das war eine gute Partie von beiden Mannschaften“, kommentierte De Bruyne: „Das war hohes Niveau, das wir heute gesehen haben.“

Hamburg vs. Stuttgart

Niedergeschlagen dagegen der HSV: Noch auf dem Rasen schwor ein hochemotionaler Huub Stevens die Mannschaft des VfB Stuttgart auf das Finale im Abstiegskampf ein, die Spieler des Hamburger SV hingegen schlichen völlig niedergeschlagen vom Platz. Mit dem zweiten Sieg in Serie machten die Schwaben am Samstag im Zitterduell einen riesigen Schritt in Richtung Klassenverbleib und drängten die Hanseaten förmlich an den Abgrund. Der VfB verbesserte sich durch das überlegene 2:1 (2:1) auf den Relegationsrang, die Hamburger rutschten nach zuvor drei ungeschlagenen Partien auf den 17. Platz.

„Ich kann nur ein großes Kompliment aussprechen, dass meine Jungs nach dem Rückstand klaren Kopf behalten haben“, lobte Stevens sein Team und betonte: „Wir haben noch ein wichtiges Spiel.“

Stevens kann mit seinen Stuttgartern kommende Woche mit einem Sieg beim SC Paderborn seine zweite Rettungsmission am Neckar krönen. Der HSV um Trainer Bruno Labbadia ist zu Hause gegen den FC Schalke 04 zum Siegen verdammt. „Wir haben es nun nicht mehr in der eigenen Hand, das fühlt sich beschissen an“, schimpfte HSV-Keeper René Adler. „Die Enttäuschung ist riesengroß, dass wir das Spiel noch aus der Hand gegeben haben“, meinte sein Coach Labbadia.

Gelsenkirchen vs. Paderborn

Wut dagegen auf Schalke: Als die Schalker Profis eine Viertelstunde nach Spielende nochmal aus der Kabine kamen und zu ihren Fans in der Nordkurve gingen, ernteten sie Beschimpfungen, Spott und Pfiffe. Trotz des Erreichens der Minimalziels Europa League durch das glückliche 1:0 (0:0) im letzten Saison-Heimspiel gegen den SC Paderborn waren die königsblauen Anhänger nicht zu besänftigen.

Der Unmut gipfelte in einer Blockade des Haupt- und VIP-Eingangs, der aus Sicherheitsgründen vorübergehend sogar geschlossen werden musste. Derweil diskutierten die Schalker Vorstände Peter Peters und Horst Heldt draußen mit dem aufgebrachten Publikum, das dem Team in den ersten 45 Minuten komplett die Unterstützung verweigert hatte.

„Der Grund des emotionalen Ausbruchs ist, dass wir die Erwartungen nicht erfüllt haben. Wobei es eigentlich paradox ist, weil wir uns für die Europa League qualifiziert haben“, sagte Manager Heldt, der aber auch zugab: „Es liegt jetzt an uns, verlorene Herzen wieder zu gewinnen.“

Der Ärger der Anhänger war verständlich nach den Turbulenzen der vergangen Wochen. Und erneut schwach war auch die Vorstellung gegen die Ostwestfalen, am Ende kam der Erfolg nur durch das Eigentor von Uwe Hünemeier in der 88. Minute zustande. Während Schalke ein Platz unter den ersten Sechs nicht mehr zu nehmen ist, rutschte das Team von André Breitenreiter mit der bitteren Niederlage vor 61.973 Zuschauern in der Veltins-Arena auf den letzten Tabellenplatz.

Leverkusen vs. Hoffenheim

Freude dagegen in Die Fans in Feierlaune, der Sportdirektor hochzufrieden. „Das war heute ein würdiger Abschied. Wir haben eine tolle Rückrunde gespielt und 61 Punkte geholt. Das kommt auch nicht alle Tage vor“, sagte Rudi Völler nach dem 2:0 (1:0)-Erfolg gegen 1899 Hoffenheim. Durch den 2:0-Sieg von Borussia Mönchengladbach bei Werder Bremen hat Bayer den dritten Platz zwar endgültig verspielt, doch die Königsklasse ist immer noch durch die Playoffs zu erreichen. „Wir werden den vierten Platz vergolden, in dem wir uns den Champions-League-Platz sichern“, sagte Bayer-Coach Roger Schmidt.

Vor 29.072 Zuschauern in der BayArena erzielten Hakan Calhanoglu (45.+1) und Stefan Kießling (60.) die Treffer für die Gastgeber, die ihren sechsten Heimsieg in Serie feierten und seit 540 Minuten ohne Gegentreffer vor heimischem Publikum sind. Die Hoffenheimer haben ihre theoretischen Chancen auf Platz 7, der eventuell zur Europa-League-Qualifikation berechtigt, so gut wie verspielt.

Berlin vs. Frankfurt

Die vorzeitige Rettung verpasst, dazu noch Ärger um Top-Stürmer Salomon Kalou: Die Lage bei Hertha BSC bleibt angespannt. Nach einem 0:0 gegen Eintracht Frankfurt muss der Hauptstadtclub noch immer um den Klassenverbleib in der Beletage des deutschen Fußballs zittern. Das torlose Remis am vorletzten Bundesliga-Spieltag 2014/15 gegen Eintracht Frankfurt und die damit erreichten 35 Punkte reichen dem Berliner Verein noch nicht.

„Wir haben es nicht hinbekommen, das ist ärgerlich. Jetzt haben wir noch ein Spiel“, sagte Verteidiger Marvin Plattenhardt nach dem sechsten sieglosen Spiel nacheinander. „Das Endspiel nächste Woche hätten wir uns gern erspart“, sagte Manager Michael Preetz über den anstehenden Showdown in Hoffenheim.

Zwar spielen vier Abstiegskandidaten zum Saison-Abschluss noch gegeneinander. Doch ein Remis am 34. Spieltag zwischen Hannover 96 und dem SC Freiburg sowie ein Stuttgarter Sieg in Paderborn könnte Hertha zumindest noch auf den Relegationsplatz 16 befördern, falls die Berliner in Hoffenheim 0:2 oder höher verlieren. Theoretisch wäre sogar der direkte Abstieg noch möglich, sollte außerdem der HSV (32) einen unrealistisch hohen Kantersieg gegen den FC Schalke 04 feiern.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.