Samsung-Chef Lee Kun Hee gestorben: Die „Samsung-Republik“

Keiner prägte das Nachkriegskorea wie er. Lee Kun Hee war Südkoreas wirtschaftlicher Stolz und galt als die Personifizierung einer korrupten Elite.

Der neue Samsung-Chef Lee Kun Hee übernimmt sein Amt

1987: Lee Kun Hee wird als Nachfolger seines Vater der neue Samsung-Chef Foto: reuters

PEKING taz | Der wohl wichtigste Moment in der Unternehmensgeschichte von Samsung ereignete sich in einem Konferenzraum des Frankfurter Kempinski-Hotels. Der damalige Firmenvorstand Lee Kun Hee trommelte Hunderte Manager für eine Grundsatzrede zusammen. Lee hatte eine geradezu tollkühne Vision für den Produzenten billiger Elektronikware: Samsung solle die Weltspitze der Hersteller hochwertiger Techprodukte werden, noch vor den damals dominierenden Konkurrenten aus Japan. Doch dafür musste Lee die südkoreanische Unternehmenskultur vollständig umkrempeln.

„Ändern Sie alles, bis auf Ihre Ehefrau und Ihre Kinder“, sagte Lee während seines dreitägigen Redemarathons, der später als „Frankfurter Deklaration“ in einem 200-seitigen Buchmanuskript verewigt wurde. Den Frankfurter Konferenzraum ließen die Südkoreaner Jahre später gar in der Firmenzentrale in Suwon nachbauen.

Lange vor seinem Tod am Sonntag ist Lee Kun Hees Vision Realität geworden. Mit 78 Jahren ist er im firmeneigenen Krankenhaus in Seoul verstorben, wo er auch die letzten Jahre nach einem Herzinfarkt 2014 verbrachte.

Keiner war so reich wie er, keiner verkörperte so stark den wirtschaftlichen Stolz Südkoreas wie Lee Kun Hee. Doch mit seiner Macht stand der leidenschaftliche Kunstsammler und Autoliebhaber auch symbolisch für die korrupten familiengeführten Konglomerate des ostasiatischen Tigerstaates. Gleich zweimal wurde Lee verurteilt: In den 90er Jahren hatte er den Präsidenten bestochen, später wurde er der Steuerhinterziehung überführt. Beide Male wurde Lee letztendlich begnadigt.

Viele Südkoreaner bezeichnen ihr Land mit einem ironischen Augenzwinkern als „Samsung-Republik“. Die Konzerngruppe, die rund ein Fünftel des Bruttoinlandsprodukts Südkoreas generiert, ist nicht nur der größte Smartphpe-Produzent. Samsung baut Apartmentsiedlungen, betreibt U-Bahn-Linien, Multiplexkinos und einen Freizeitpark.

Ein simpler Gemischtwarenladen

1942 wurde Lee Kun Hee in Daegu geboren, damals noch unter japanischer Kolonialherrschaft. In Tokio schloss Lee sein Studium ab, während sein Vater unter der schützenden Hand der südkoreanischen Militärdiktatur Samsung vom simplen Gemischtwarenladen zum führenden Industrieunternehmen ausbaute – vom Schiffbau bis zu Halbleitern.

Lee stieg rasant in der Firmenhierarchie auf, doch erst als er nach dem Tod seines Vaters im Jahr 1987 den Vorstandsposten beerbte, musste er sich wirklich beweisen. Schon bald drückte er dem Unternehmen seinen Stempel auf.

Seit Jahren schon führt sein Sohn den Konzern. Auch er bestach die Präsidentin Südkoreas. Im Gegensatz zu seinem Vater wurde Lee Jae Yong verurteilt und musste seine Strafe teilweise im Gefängnis absitzen. Vater Lee Kun Hee war damals bereits an sein Krankenhausbett gefesselt, südkoreanische Medien spekulierten mehrmals über sein Ableben. Doch offiziell führte der wohl einflussreichste Manager Südkoreas weiterhin Samsung Electronics als Vorstandsvorsitzender – bis zu seinem Tod.

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