Sanierungskonzept für Neckermann: Strategie zum Weiterpacken

Nach der Ankündigung, mehr als jede zweite Stelle zu kürzen, verhandeln Konzern und Arbeitnehmer über eine Perspektive. Neckermann soll Dienstleister werden.

Das Kataloggeschäft soll ein Ende haben. Mit dem Packen soll es bei Neckermann aber weiter gehen. Bild: dpa

BERLIN/FRANKFURT M. taz/dpa/dapd | Neckermann soll sich als Verkaufsportal für Bekleidungsfirmen reorganisieren und gleichzeitig seine eigenen Produktlinien weiterlaufen lassen. Das sieht das alternative Sanierungskonzept vor, das Betriebsratschef Thomas Schmidt am Freitag dem Neckermann-Aufsichtsrat zur Rettung der 1.380 gefährdeten Arbeitsplätze vorstellte.

Kernforderung ist, die Logistiksparte mit 870 Beschäftigten in Frankfurt nicht zu schließen, sondern sie als Dienstleistungszentrum für andere Textilunternehmen zu öffnen. Es gebe große Textilketten, die noch gar nicht in den Onlinemarkt eingedrungen seien, sagte Schmidt.

Neckermann verfüge über Sachanlagen und Logistik-Know-how, den Internethandel dieser Ketten zu entwickeln. Ähnlich sieht es der wirtschaftliche Berater der Arbeitnehmervertretung, Günter Stolz: Waren auspacken, versenden, Retouren abwickeln, mit den Kunden telefonieren – das alles gehöre zum Kerngeschäft von Neckermann. Das lasse sich daher als Dienstleistung anbieten. So könnten die Firmen Kosten zum Aufbau eigener Strukturen und Prozesse einsparen.

Die Gewerkschaft Ver.di hat das alternative Konzept zur Stabilisierung des angeschlagenen Konzerns mitentwickelt. „Wir schauen jetzt nach vorne. Klar ist, wir haben jetzt ein Konzept, über das diskutiert werden kann“, sagt der Ver.di-Sprecher für Hessen, Christian Rothländer. In Kontakt mit Textilketten seien sie aber noch nicht getreten. „Dafür ist es auch noch zu früh.

Perspektivloses Schrumpfkonzept

Die Strategie sieht auch vor, dass Neckermann an seinen Textil-Eigenmarken wie der Damenlinie WOB festhalten soll. Das Neckermann-Management hatte vergangene Woche angekündigt, den Textilbereich aufzugeben und künftig stärker auf Technik und Möbel zu setzen. Stolz kritisiert den Neckermann-Sanierungsplan als „Schrumpfkonzept, das nicht perspektivträchtig ist“.

Mit der geplanten Streichung von 1.380 Vollzeit-Stellen ist mehr als jede zweite Stelle im Konzern in Gefahr. „Das ist eine soziale Katastrophe“, sagt Wolfgang Thurner von Ver.di, der auch Mitglied im Neckermann-Aufsichtsrat ist. Die Gewerkschaft unterstützt den Plan, die dicken Neckermann-Kataloge aufzugeben. Printprospekte müssten künftig witziger, mobiler und flexibler das Onlineangebot unterstützen.

Schlechtes Kataloggeschäft

Grund für die roten Zahlen von Neckermann ist nach Unternehmensangaben das zunehmend schlechter laufende Kataloggeschäft. Im ersten Quartal von 2012 ging der Umsatz aus Katalogbestellungen um 50 Prozent zurück. Im Jahr 2011 verzeichnete das Unternehmen einen Umsatzrückgang von 18 Prozent.

Der Versandhandel hatte Ende April bekannt gegeben, den Onlinemarkt mit seiner sogenannten E-Commerce-Strategie stärker zu fördern, das Kataloggeschäft zurückzufahren und massiv Arbeitsplätze zu streichen. Neckermann selbst wollte sich bis Redaktionsschluss nicht zum Rettungsplan der Arbeitnehmer äußern.

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