Saskia Hödl zur Genossenschaft: Voneinander lernen

Natürlich brauchen Sie uns nicht mehr, um zu erfahren, dass etwas passiert. Aber um zu erfahren, warum es passiert.

Bild: privat

Die taz Genossenschaft wird 25 Jahre alt. Zu diesem Anlass haben wir fünf RedakteurInnen gebeten über die Bedeutung der Genossenschaft für ihren Arbeitsalltag zu schreiben.

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

wofür die taz gegründet wurde – und vor allem wofür nicht –, das ist eine Frage, die mit sehr viel Leidenschaft diskutiert wird. Die Antwort kann ein Grund für Abonnent*innen sein, diese Zeitung zu lesen oder auch sie nicht mehr zu lesen. Die Antwort ist seit 25 Jahren der Grund, Genoss*in zu werden, und für mich ist sie der Grund, hier zu arbeiten. Was die Antwort ist? Das kann ich Ihnen nur bedingt sagen, denn die taz hat für alle Beteiligten einen individuellen Wert, der sich jeweils aus einigen der vielen Facetten dieser Zeitung zusammensetzt.

Die taz ist unabhängig, sie ist radikal, sie ist links, sie ist verständnisvoll und verständnislos, sie macht sich lustig und ist todernst, sie ist einseitig und umfassend. Und vor allem vertritt sie viel mehr Meinungen, als Sie vielleicht vermuten. Denn auf eines können Sie sich verlassen: Diese Redaktion ist sich nie – wirklich niemals – in irgendetwas einig. Das ist auch gut so, denn damit fordern wir uns und Sie täglich aufs Neue hinaus.

Als die taz 1978 gegründet wurde, war von mir noch gar keine Rede. Ich wurde erst sieben Jahre später geboren. Doch die Themen, die Forderungen, für die die taz schon damals einstand – unabhängige Berichterstattung, Gleichberechtigung, Menschenrechte, Selbstbestimmung – das ist heute genauso wichtig wie damals.

Was die taz ausmacht, ist unsere vielseitige Redaktion. Wir lernen voneinander. Das müssen wir auch in einer Zeit, in der man nicht mehr eindeutig sagen kann, wer die Andersdenkenden sind, in der die Welt immer näher zu kommen und die Wahrheit immer schwerer zu greifen scheint. Viele fragen sich, warum sie heute überhaupt eine Zeitung lesen oder gar besitzen sollten. Natürlich brauchen Sie uns nicht mehr, um zu erfahren, dass etwas passiert. Aber Sie brauchen uns, um zu erfahren, warum etwas passiert, was es bedeutet, wen es beeinflusst und was es für die Zukunft heißen kann.

Wir haben das Glück, über sorgfältige Redakteur*innen, hartnäckige Korrespondent*innen und wertvolle Autor*innen zu verfügen, die aus jeder Ausgabe das Beste herausholen möchten und das für wenig Geld tun. Damit wir das aber auch weiterhin tun können, damit wir uns und Sie weiter herausfordern können, dafür brauchen wir Ihre Unterstützung. Deshalb würde es uns freuen, wenn Sie bei der taz Genossenschaft mitmachen würden.

Ich kann Ihnen nicht versprechen, dass Ihnen immer gefallen wird, was wir tun. Es wird auch mir nicht immer gefallen. Manchmal liebe ich diese Zeitung und manchmal ärgere ich mich über sie, aber genau dafür wurde sie meiner Meinung nach gegründet.

SASKIA HÖDL, taz-Redakteurin