Bergpartei in Berlin: Irgendwann Anarchie

Die Bergpartei stellt sich zur Wahl, will aber in kein Parlament rein. Was sie möchte: Zum Nachdenken anregen und das Parlament abschaffen.

Jan Theiler von der Bergpartei mit Pinsel in der Hand und Plakaten der Bergpartei

Kein Geld und für Anarchie: Die Bergpartei stellt ihre Plakate selbst her Foto: Anja Weber

Die Bergpartei will nicht ins Parlament, sie will uns grundsätzlich zum Nachdenken anregen. Auf ihren Plakaten steht: „Lasst euch nicht die Szene putzen“, „Naturgesetze verschärfen“ oder „Mentalverschiebung gegen Zen­tral­verriegelung“. Die Berliner Bergpartei, die Überpartei (B*) hat die am liebevollsten gestalteten Plakate von allen; Siebdruck, alles Handarbeit.

Das ist nicht nur geschickte PR, sondern auch eine ökonomische Entscheidung: „Wir genießen keine Parteifinanzierung, können auf keinen Wahletat zurückgreifen“, sagt die Spitzenkandidatin Rhaffi Hadizadeh Kharazi, „das nutzen wir so kreativ wie möglich.“

Gerade auf die pfiffigen Slogans will sie sich aber nicht reduzieren lassen. „Für uns ist das kein Spaß, wir nehmen jede einzelne Forderung ernst“, sagt die 43-Jährige. Die B* bezeichnet sich als ökoanarchistisches, real­dadais­tisches Sammelbecken, „eigentlich wollen wir das Parlament abschaffen“, sagt Kharazi.

Esoterisch, skurril, satirisch – die überwiegend aus Künstlern bestehende Partei fühlt sich oft missverstanden. Ihr Ansatz: Kunst beschäftigt sich mit den Menschen und der Gesellschaft. Kunst müsse also zwangsläufig politisch sein, findet Rhaffi Hadizadeh Kharazi, „solange das Leben auf diesem Planeten verbesserungswürdig ist“.

Die missverstandene Partei

Ihr Einsatz gegen „Zentralverriegelung“, die sie nicht nur auf die europäischen Grenzen, sondern den gesamtgesellschaftlichen Geisteszustand bezieht, kommt aus der Familie. Kharazis Mutter hat den Vater, einen Iraner, nur geheiratet, weil der sonst ausgewiesen worden wäre. „Die Hälfte meines Lebens habe ich auf Demonstrationen verbracht“, sagt sie. Viel rumgekommen sei dabei zwar nicht. „Was wäre, wenn wir nicht gegangen wären“, will sie sich aber auch nicht ausmalen.

Eine ihrer zentralen Forderungen im aktuellen Wahlkampf ist daher auch das Wahlrecht für alle, die hier leben. „Wir können ja alle nicht viel mit­ent­scheiden“, sagt Kharazi, „aber an den wenigen Sachen sollten dann schon alle beteiligt sein, die hier die Gesellschaft bilden und Steuern zahlen.“ Stolz ist man in der B* auch darauf, als Erste aller Parteien schon 2005 ein bedingungsloses Grundeinkommen gefordert zu haben.

Visionen stärken

Das wünscht sich Kharazi, die arbeitslose Musik- und Medienmanagerin, auch persönlich besonders. Wenn sie spricht, ist echte Frustration herauszuhören: „So viel Zeit geht drauf, weil ich mich vor dem Jobcenter für die Zahnspange meiner Tochter rechtfertigen muss.“ Viel lieber würde sie währenddessen den Menschen Mut zu Utopien machen. Kharazi sagt: „Wir würden gern bewirken, dass die Menschen ihre eigenen Visionen nicht sofort als undurchführbar abstempeln.“

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