Schalker Euphorie nach dem Derby: Die Wiederauferstehung

Schalke zeigt gegen den Erzrivalen Dortmund sein vielleicht bestes Saisonspiel. Und Borussen-Trainer Klopp drückt sich hernach um eine Analyse.

Erdrückende Freude: Benedikt Höwedes herzt Julian Draxler. Bild: reuters

GELSENKIRCHEN taz | Es waren wilde Szenen, die sich in der tosenden Schalker Fußballarena abspielten. Spieler, Trainer und Betreuer hüpften wie Flummis über den Rasen, der blau-weiße Teil des Publikums juchzte und schrie, der ekstatisch brüllende Benedikt Höwedes flimmerte später in Superzeitlupe über die Bildschirme der Fußballnation.

„Ich hasse Superzeitlupen, aber manchmal hat man sich einfach nicht unter Kontrolle“, sagte Höwedes nach dem 2:1-Sieg von Schalke 04 über Borussia Dortmund, er fand seinen furiosen Enthusiasmus etwas peinlich. Verständlich waren seine Gefühle aber allemal.

Denn manches deutet darauf hin, dass in diesem Derby jene beeindruckende Schalker Erfolgself auferstanden ist, die sich im Herbst urplötzlich und unter bis heute ungeklärten Umständen selbst beerdigt hatte. Joel Matip spielte sich in eine Art Rausch, praktisch jeden Zweikampf entschied der Innenverteidiger für sich, Roman Neustädter erinnerte in der ersten Halbzeit an jenen großartigen Strategen, der er zu Saisonbeginn war, Atsuto Uchida beherrschte gemeinsam mit Jefferson Farfan den rechten Flügel und bereitete die Tore von Julian Draxler (12.) und Klaas-Jan Huntelaar (35.) vor, und Timo Hildebrand wird immer mehr zu einem Rückhalt.

Dieser Sieg sei „Balsam auf die Seele“, sagte Manager Horst Heldt und Draxler frohlockte: „Vielleicht können wir die Negativserie, die wir hatten, in eine Positivserie verwandeln.“ Wobei die Positivserie längst Fahrt aufgenommen hat. In der Bundesliga hat die Mannschaft dreimal am Stück gewonnen, und zuvor gab es das vielversprechende 1:1 in Istanbul.

Vor der Partie hatten die Schalker bekannt gegeben, dass Höwedes seinen Vertrag mit dem FC Schalke bis 2017 verlängert hat, auch das war ein Mosaikstein im Gesamtbild der Freude, das allerdings von einem Unglück getrübt wurde. Huntelaar erlitt bei einem Zusammenstoß mit Hildebrand einen Innenbandteilriss im linken Knie, der Holländer wird einige Wochen fehlen.

Hummels vergrippt

Dafür haben sie aber wieder ein selbstbewusstes und leidenschaftlich arbeitendes Team, was sich an diesem Nachmittag von den Dortmundern nicht sagen ließ. Zwar wies Klopp in seinen Statements nach der Niederlage explizit darauf hin, dass „alle Spieler auf dem Platz das Thema Derby zu einhundert Prozent verstanden haben“, aber das war wohl eher der Versuch die Kritiker ruhig zu stellen als eine klare Analyse. Die Mannschaft wirkte lange lethargisch, unentschlossen in den Zweikämpfen und träge im Umschaltverhalten. „Es sah in der ersten Halbzeit nicht so aus, als ob wir uns mit Haut und Haaren gewehrt haben“, meinte BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke.

Allerdings haben nicht nur die Spieler Fehler gemacht, sondern möglicherweise auch die Trainer. Mats Hummels kehrte nach seiner Grippe zurück. Schon nach wenigen Minuten war zu sehen, dass ihm die Frische fehlt. Vor Draxlers 1:0 war er unaufmerksam, nach einer halben Stunde knickte er dann um und blieb nach der Halbzeit in der Kabine. Außerdem hatte Klopp Kevin Großkreutz anstelle von Marco Reus auf der linken Seite spielen lassen, eigentlich die defensivere Variante.

Aber Marcel Schmelzer und Großkreutz bewegten sich schlecht, vor dem ersten Gegentreffer verlor Großkreutz den zweifachen Torvorbereiter Uchida aus den Augen, und vor dem 2:0 waren die beiden Dortmunder von der linken Außenbahn zwar in der Nähe, die Flanke flog trotzdem in den Strafraum.

In der zweite Hälfte, als Marco Reus und Nuri Sahin für Großkreutz und Hummels spielten, war der BVB dann deutlich stärker, Robert Lewandowski traf zum 2:1 (59.), die ganz große Chance zum Ausgleich vergab der Pole aber (88.). Und so stand am Ende auch Klopp in der Kritik.

Schon im Hinspiel hatte er mit der verwegenen Idee, eine Abwehrdreierkette zu nominieren, entscheidenden Anteil an der Dortmunder Niederlage, auf die Frage, ob er sich auch diesmal etwas vorzuwerfen habe, erwiderte er: „Wer das so sehen will, kann das gerne so machen“, seine Aufgabe bestehe darin, „die Belastung zu verteilen“ und Spieler auch mal zu schonen. Deshalb saß Reus zunächst draußen, allerdings war es Hummels, der offenbar am dringendsten Erholung nötig hatte. Und der spielte.

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