Schlechter Wechsel: Blauer Brief für den Postboten

Exstaatssekretär Freise (SPD) wechselte zum Briefezusteller PIN Mail AG. Deren Kunde: das Land Berlin. Senator Henkel (CDU) geht dagegen vor.

Freise-Kollege bei PIN-Mail AG. Wie lange noch? Bild: dpa

Innensenator Frank Henkel (CDU) geht juristisch gegen den Wechsel des ehemaligen Staatssekretärs Ulrich Freise (SPD) in die Wirtschaft vor. Freise diente bis zur letzten Abgeordnetenhauswahl im Jahr 2011 unter dem damaligen SPD-Innensenator Ehrhart Körting und wurde anschließend – wie bei Regierungswechseln üblich – in den einstweiligen Ruhestand entlassen.

Ein Jahr später wurde Freise Mitglied der Geschäftsleitung bei dem Briefdienstleister PIN Mail AG. Der mit Abstand größte Kunde von PIN: das Land Berlin. Freises Aufgabe bei der PIN Mail AG sollte es sein, „an der Schnittstelle zwischen Kunden und Unternehmen neue Geschäftsfelder zu entwickeln“, schrieb das Unternehmen in einer Pressemitteilung. Den Auftrag für die PIN Mail AG hatte Freises frühere Verwaltung erteilt. Sie hatte auch entschieden, den Auftrag zu verlängern.Erst jetzt wurde mit einer Antwort auf eine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Dirk Behrendt bekannt, dass die Innenverwaltung Freise am 28. August 2013 untersagt hat, die Arbeit für die PIN Mail AG fortzuführen. Grundlage ist das Beamtenstatusgesetz, das regelt, welche Jobs Beamte im Ruhestand annehmen dürfen: „Die Erwerbstätigkeit oder sonstige Beschäftigung ist zu untersagen, wenn zu besorgen ist, dass durch sie dienstliche Interessen beeinträchtigt werden.“ Ein Sprecher von Henkel erläutert gegenüber der taz: „Eine Beeinträchtigung dienstlicher Interessen ist dann zu besorgen, wenn ein nicht unerheblicher Zusammenhang zwischen der vormaligen dienstlichen Tätigkeit und der neuen Erwerbstätigkeit besteht. Ein derartiger Zusammenhang ist dann anzunehmen, wenn der ausgeschiedene Beamte mit den Angelegenheiten des Unternehmens, für das er nun tätig ist, innerhalb der letzten fünf Dienstjahre dienstlich nicht nur unerheblich befasst war.“

Der Grünen-Abgeordnete Behrendt findet die Entscheidung richtig: „Weil dieser Fall so klar wie kaum ein anderer erzwingt, dass man diese gesetzliche Möglichkeit der Untersagung nutzt.“ Hier sei eine „deutliche Interessenkollision“ erkennbar, weil das Land Berlin der größte Kunde der PIN Mail AG ist. Problematisch sei, wenn internes Wissen von der einen Seite auf die andere Seite mitgenommen werde und dann in Verhandlungen eingesetzt werde. Es könne auch noch alte Loyalitäten von Mitarbeitern der Innenverwaltung gegenüber ihrem früheren Vorgesetzten geben. Behrendt: „Ich bin zufrieden, dass Henkel nicht jeden Seitenwechsel so hinnimmt. Den Eindruck von Mauschelei muss man unbedingt vermeiden.“

Freise allerdings wehrt sich gegen die Anordnung, seinen neuen Job aufzugeben. Er hat Widerspruch eingelegt und ist vor das Verwaltungsgericht gezogen. Dort ist seine Klage Mitte Februar eingegangen, einen Termin für eine Verhandlung gibt es noch nicht. Vorsorglich hat er zudem die PIN Mail AG verlassen. Am 8. August 2013 wurde beim Handelsregister sein Wechsel in die hundertprozentige Tochtergesellschaft PIN Services GmbH eingetragen.

Mit Henkels Entscheidung, gegen Freise vorzugehen, sieht es auch zunehmend düster für den ehemaligen Staatssekretär Michael Büge aus. Der CDU-Politiker wurde im Mai 2013 aus dem Senat entlassen, weil er die Mitgliedschaft in der Burschenschaft Gothia nicht aufgeben wollte. Seit Februar arbeitet Büge als Geschäftsführer der Bürgerhilfe, die mit ihren rund 90 Mitarbeitern Obdachlosen an 15 Standorten hilft. Das Unternehmen finanziert sich hauptsächlich aus öffentlichen Mitteln - über deren Höhe Büges früherer Arbeitgeber, die Senatsverwaltung für Soziales, entscheidet. Die Prüfung, ob der Wechsel zulässig ist, läuft noch.

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