Schlichtungsgespräche Stuttgart 21: Der heilige Widerstand

Einige Gegner verabschieden sich von den Schlichtungsgesprächen. Droht die Spaltung? Die Aktivisten sagen, dies sei Strategie. Geißler hebt das Demonstrationsrecht hervor.

Ein Demonstrant verlässt am Samstag nach vorübergehender Besetzung den Südflügel des Stuttgarter Bahnhofs. Bild: dpa

STUTTGART taz | Demonstranten des Milliardenprojekts Stuttgart 21 haben am Samstag ihre Haltung untermauert, dass der Widerstand trotz der Schlichtungsphase weitergehen müsse. Nach Polizeiangaben besetzten etwa 60 Aktivisten den Südflügel des Hauptbahnhofs und verbarrikadierten sich in ihm. Die Aktivisten wollten damit gegen den weiteren Abriss des Bahnhofs protestieren und hielten ein Plakat mit der Aufschrift "Schluss jetzt, wir stoppen Stuttgart 21" aus einem Fenster.

Am Abend räumte die Polizei das Gebäude. Dabei sei sie "wieder sehr rabiat vorgegangen", kritisierte der Sprecher der sogenannten aktiven Parkschützer, Matthias von Herrmann. Die Polizei habe scheinbar von dem "blutigen Donnerstag" im Schlossgarten nichts gelernt. Die Polizei berichtet hingegen, dass ein Demonstrant bei der Festnahme mit einem Gegenstand auf einen Beamten eingeschlagen habe. Dieser habe dabei einen Fingerbruch erlitten.

Zuvor hatten nach Veranstalterangaben etwa 25.000 Menschen auf dem Schlossplatz gegen den Bau des neuen Tiefbahnhofs demonstriert. Die Polizei sprach von 18.000 Teilnehmern. Nach der Kundgebung hatte sich ein Teil auf den Weg Richtung Bahnhof gemacht. Dies sei keine von den "Parkschützern" geplante Aktion gewesen, sagte von Herrmann der taz. Auch von einer Spaltung der Bewegung wollte er nicht reden. Die "aktiven Parkschützer" waren aus den Schlichtungsgesprächen ausgestiegen, weil sich die Projektträger nicht auf einen kompletten Bau- und Vergabestopp während der Gespräche eingelassen hatten.

Am Freitag konnte nach über sechs Stunden der Streitschlichter Heiner Geißler (CDU) verkünden, dass es weitere Treffen geben werde. Das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 hatte akzeptiert, dass für das sogenannte Grundwassermanagement zwar vorerst keine Betonplatte gegossen wird, weitere Erdarbeiten aber fortgesetzt werden. Fritz Mielert, der für die "aktiven Parkschützer" an dem Dialog teilgenommen hatte, hielt jedoch an deren Forderung fest und klinkte sich schließlich aus. "Das ist einfach ein zweigleisiges Vorgehen", sagte von Herrmann.

Auch Werner Wölfle, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Stuttgarter Rathaus und Mitglied des Aktionsbündnisses, sprach von einer "Aufgabenteilung". Es habe keinen Streit gegeben, sondern die Aufteilung habe sich während der Gespräche am Freitag im Rathaus so ergeben. Um eine gezielte Taktik im Vorfeld habe es sich dabei aber nicht gehandelt. "Die Absicht war, dass es nicht zur Abwertung der jeweils anders handelnden Seite kommt", so Wölfle zur taz. "Eine Spaltung gibt es nicht. Auch auf der Demo am Samstag konnten beide Seiten ihre Haltung darstellen und haben dafür Zustimmung bekommen."

Geißler hatte den Projektgegnern zwar empfohlen, während der Friedenspflicht auf Demonstrationen zu verzichten, aber gleichzeitig auch betont: "Das Demonstrationsrecht ist ein Grundrecht." Es sei sozusagen "heilig". Für diesen Montag haben die S-21-Gegner die nächsten Proteste angekündigt. Am Abend findet die traditionelle Montagsdemo im Stuttgarter Schlossgarten statt. Bereits am Mittag wollen S-21-Gegner 7.000 saure Gurken vor dem Rathaus abliefern - so viele Unterschriften haben die Initiatoren vom Verein "Mehr Demokratie" für den Aufruf "Sauer über Stuttgart 21" gesammelt. Der Verein will einen Bürgerentscheid über den Bahnhofsneubau.

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