Schlimmste Dürre seit Jahrzehnten: Brasilien vertrocknet

In vielen Gegenden Brasiliens wird das Wasser knapp. Die Gründe dafür sind Dürre, mangelnde Vorsorge – aber auch eine verfehlte Umweltpolitik.

So wenig Wasser wie seit 80 Jahren nicht mehr: Atibainha Stausee, der São Paulo versorgt. Bild: ap

RIO DE JANEIRO taz | „Bitte Wasser sparen!“ Umweltministerin Izabella Teixeira blieb am Freitag nichts anderes übrig, als an die Menschen im Südosten Brasilien zu appellieren. Seit Monaten regnet es in der Region viel zu wenig, obwohl der hiesige Sommer Regenzeit ist. Im Bundesstaat São Paulo und der gleichnamigen Millionenstadt ist es die schlimmste Dürreperiode seit Jahrzehnten. „Die Lage ist Komplex und besorgniserregend“, sagte Teixeira nach einer Notsitzung von sechs Ministern. Sie wissen, dass es kurzfristig keine Lösung gibt.

Auch in Rio de Janeiro wird jetzt befürchtet, dass es wie im Nachbarstaat zu Wasserrationierung und Engpässen bei der Energieversorgung kommen wird. Ein großes Wasserkraftwerk wurde vergangene Woche bereits abgeschaltet, weil der Stausee nicht mehr genug Wasser hatte. Überall, auch im Bundesstaat Minas Gerais, sind die Wasserreservoirs so niedrig wie seit 80 Jahren nicht mehr. Inzwischen wird die Landwirtschaft in Mitleidenschaft gezogen, laut Unternehmensstudien leidet auch ein Drittel der Industriebetriebe bereits unter der Knappheit. „Wir müssen lernen, Energie zu sparen“, verkündet die Umweltministerin und verspricht eine Aufklärungskampagne.

Fieberhaft wird nach Lösungen für das Problem gesucht. Und nach den Ursachen, besser gesagt den Verantwortlichen. Einige plädieren für die Suche nach unterirdischen Wasservorräten, um mittels Brunnen der Wasserknappheit lokal zu begegnen. Andere schlagen vor, noch mehr Wasser aus den Flüssen in die Staudamm-Systeme umzuleiten, um die Versorgung der Großstädte zu gewährleisten. Vielversprechend ein ganz schlichter Vorschlag: Erst einmal die Wasserleitungen reparieren, durch deren Lecks auf dem Weg vom Stausee bis hin zum Wasserhahn bis zu 30 Prozent des Wassers verloren gehen.

Einigkeit herrscht darüber, dass neben der extremen Wetterlage mangelnde Vorsorge für die Engpässe verantwortlich ist. Die rechte Opposition sieht die Schuld dafür bei der Bundesregierung von Dilma Rousseff, die Ende vergangenen Jahres wiedergewählt wurde. Deren Arbeiterpartei macht hingegen die rechte Regierung im Industriestaat São Paulo verantwortlich. Zugleich zeichnet sich schon ein Konflikt zwischen Rio und São Paulo ab: Die beiden größten Städte des Landes buhlen teilweise um das Wasser der gleichen Flüsse. Inzwischen geplante Großprojekte, mit denen weitere Flüsse angezapft und neue Staubecken angelegt werden sollen, sind frühestens 2017 fertig.

Abholzung bedingt Klimawandel

Aus Sicht von Ökologen ist die verfehlte Umweltpolitik Brasiliens Ursache der Dürreperiode. Die anhaltende Abholzung der Urwälder wie auch die stetige Ausbreitung der Exportlandwirtschaft wird auch für das immens wasserreiche Brasilien zunehmend zur Belastung. Der Klimaforscher Antonio Nobre sagte vergangenes Jahr in einer Studie voraus, dass ganz Südamerika sich auf veränderte Wetterbedingungen und Krisen einstellen müsse, wenn die Abholzung nicht rückgängig gemacht werde.

Auch in São Paulo hat Umweltschutz keinen hohen Stellenwert. Mitten in der schweren Wasserkrise unterschrieb Gouverneur Geraldo Alckmin zu Beginn dieses Jahres ein Gesetz, mit dem der Schutz von Quellen, Flussläufen und Wäldern vermindert wird. Damit werden die Schutzauflagen dem neuen Waldgesetz angepasst, das 2012 auf Druck der Agrarlobby stark verwässert worden ist. Für Maurício Guetta vom Instituto Socioambiental (ISA) eine völlig kontraproduktive Maßnahme: „Mittel- und langfristig wird diese Lockerung der Umweltauflagen starke Auswirkungen auf die Flüsse und damit auch auf die Wasserversorgung haben.“

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