Schlingensiefs Operndorf in Burkina Faso: Afrikanisches Vermächtnis

Vor einem Jahr wurde der Grundstein für Christoph Schlingensiefs "Operndorf Afrika" gelegt. Den Stand des Projekts stellte in Berlin sein Frau Aino Laberenz vor.

Architekt Francis Kere und Aino Laberenz informierten über den aktuellen Stand von Schlingensiefs geplantem Operndorf in Burkina Faso. Bild: dpa

BERLIN taz | In Burkino Faso, erzählt Aino Laberenz, habe sie mit Christoph Schlingensief einmal die Musikschule einer alten Frau besucht. Von deren Schülern konnte einer Mozart auf der Melodica spielen. Vor allem beeindruckt aber hat die beiden alles, was sie dort über Musik als praktische Kommunikation und alltägliche Sprache erfuhren. Und das Anliegen, solche lokalen Traditionen zu bewahren, nahmen Laberenz und Schlingensief gleich in die Agenda für die Schule auf, mit der der Bau ihres "Operndorfs Afrika", eine Stunde von Ouagadougou entfernt, begonnen hat.

Aino Laberenz war mit Christoph Schlingensief verheiratet, seine langjährige Bühnenbildnerin und in den Zeiten seiner Krankheit die Vermittlerin zwischen ihm und seinen anderen Mitstreitern. Am Dienstag erzählte sie im Hebbeltheater in Berlin, wie sie in den Monaten nach seinem Tod im August 2010 erst ihren eigenen "Motor finden" musste. Anlass war ein Bericht über die Fortschritte in der Realisierung des "Operndorfs Afrika", das nun zu einer Art Vermächtnis von Christoph Schlingensief geworden ist. Dass es dabei nicht um Denkmal für ihn geht, sondern um die Ermöglichung einer Struktur, die auf die Bedürfnisse vor Ort reagiert, betonte Laberenz immer wieder. Deshalb ist der Bau einer Grundschule auch der erste Schritt - denn Grundschulen werden in einem Land mit 80-prozentiger Analphabetenrate unbedingt gebraucht.

Mit Aino Laberenz saßen auf dem Podium der Architekt Francis Kéré, der erste Bilder der Lehmmauern der Schule zeigen konnte, und das Kuratorium des Projekts, der Anwalt Peter Raue, Antje Vollmer, die Intendanten Amelie Deuflhard und Matthias Lilienthal. Die erste Bauphase, die vor einem Jahr begann, und das erste Jahr Schulbetrieb seien finanziert, berichteten sie. Ihre Aufgabe ist es, für weitere Phasen, wenn Gästehäuser, Sportfeld, Krankenstation und schließlich das Festspielhaus selbst zum Bau anstehen, die Mittel über Spenden, Aktionen, Auktionen und bei institutionellen Partnern wie dem Auswärtigen Amt aufzutreiben.

"95 Prozent der Bilder, die wir heute von Afrika sehen, werden von Weißen gemacht", stellte Antje Vollmer fest. Vor diesem Hintergrund war es eine symbolische Aktion, als Christoph Schlingensief bei einem Besuch auf dem Bauplatz Einwegkameras an Jugendliche verteilte, damit sie ihre Bilder über das machen, was sie interessiert. Deshalb gehören Film-, Fotografie- und Musikklassen zu seiner Schule. Sie liegt übrigens am Rand des Bauplatzes. Deren Zentrum, wo einmal das Festspielhaus hin soll, ist noch unbebaut und wird bisher als Marktplatz genutzt. Das ist klug: Denn das "Operndorf Afrika" soll zu einer Sache der Akteure vor Ort werden. Und das ist ein Prozess, der eben Offenheit auch in der Planung verlangt.

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