Schrottimmobilien: Der Sumpf ist zurück

Der Senator für Justiz und Verbraucherschutz, Michael Braun (CDU), ist angezählt. Im Rechtsausschuss erwarten ihn unangenehme Fragen.

Die Kanzlei eines "Mitternachtsnotars"? Bild: dapd

Gemütlich wird es für den neuen Justiz- und Verbraucherschutzsenator Michael Braun (CDU) sicher nicht, wenn der Rechtsausschuss des Abgeordnetenhauses am heutigen Mittwoch zum ersten Mal in der neuen Legislaturperiode zusammenkommt. Unangenehme Fragen erwarten das Regierungsmitglied - zumindest aus den Reihen der Grünen.

Noch keine Woche im Amt, ist Braun wegen seiner Tätigkeit als mutmaßlicher "Mitternachtsnotar" schwer angeschlagen. Ihm wird vorgeworfen, als Notar Kaufangebote von Schrottimmobilien beglaubigt haben, bei denen kleine Leute von dubiosen Unternehmen über den Tisch gezogen worden sind. "Es besteht Aufklärungsbedarf", kündigte der rechtspolitische Sprecher der Grünen, Dirk Behrendt, an. Er werde Braun mit einem Bündel von Fragen konfrontieren. In den letzten Tagen habe er viele Gespräche mit Betroffenen sowie deren Anwälten geführt, so Behrendt. "Wie viele solcher Verträge hat Braun überhaupt beglaubigt?", möchte Behrendt wissen. Tatsächlich kursieren in den Medien sehr unterschiedliche Zahlen. Nach Informationen des Finanznachrichtendienstes Gomopa sollen Braun und sein Kanzleipartner Uwe Lehmann-Brauns in den vergangenen drei Jahren über 100 Immobilien-Kaufangebote beglaubigt haben, die einwandfrei aus der Schrottimmobilien-Szene kamen.

Lehmann-Brauns wird als Notar in einem Prospekt des Bauträgers Grüezi auf der Referenzliste erwähnt. Grüezi kauft für wenig Geld blockweise Immobilien. Über sogenannte Strukturvertriebe, die schnell entstehen und wieder vergehen, werden die Schrottimmobilien weit über Wert an einfache Leute verkauft. "Grüezi ist die Spinne im Netz", sagt Behrendt. Er spricht von "Überrumplungsgeschäften". Erst würden die Leute "schwindlig gequatscht und dann, schwuppdiwupp, auch nachts und am Wochenende zur Beurkundung des Kaufangebots zum Notar geschleppt".

Laut Bundesnotarordnung soll ein Vertragsentwurf den Beteiligten in der Regel zwei Wochen vor Beurkundung zur Prüfung zur Verfügung gestellt werden. Wie Braun es mit dieser Frist hielt - auch das will Dirk Behrendt im Ausschuss erfragen.

Der Präsident des Landgerichts, Bernd Pickel, teilte am Dienstag mit, er habe bislang keine Erkenntnisse darüber, dass Braun als Notar seine Amtspflichten verletzt habe. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) schweigt zu den Vorwürfen. Sein Sprecher sagte, Wowereit äußere sich "selbstverständlich nicht", weil es sich um eine Angelegenheit der privaten Berufstätigkeit Brauns handele. Aus SPD-Kreisen verlautete, man fühle sich mit Unbehagen an den "alten Westberliner Sumpf" erinnert.

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