Schutzräume im Norden überfüllt: Flucht ins Frauenhaus

Schutzräume für Frauen sind oft überfüllt. Das liegt auch daran, dass sie viele Geflüchtete beherbergen. Zudem fehlen jedoch oft Infrastruktur und Wohnraum

Sicherer Ort: Frauenhäuser bieten auch vielen ZwangsmigrantInnen einen Unterschlupf Foto: Peter Steffen/dpa

Der Alarm kam aus Wismar, Schwerin und Ludwigslust. „Wir sind voll“, klagten am Mittwoch die dortigen Frauenhäuser und lieferten gleich einen Grund mit: Weil viele geflüchtete Frauen Plätze in den Einrichtungen beanspruchen, platzen diese aus allen Nähten. Wismar meldete bereits einen Aufnahmestopp, Schwerin und Ludwigslust seien nahe ihrer Kapazitätsgrenze.

Nahe am Limit sind auch die Frauenhäuser in den anderen Nord-Ländern, nur führt man das hier nicht auf auf eine vermehrte Nachfrage von Frauen mit Migrationsvordergrund zurück. „Das es in Meck-Pomm so einen Run auf die Frauenhäuser gibt, könnte auch daran liegen, das es dort zu wenig soziale Angebote für Flüchtlingsfrauen gibt“, sagt Oya Cüne, Mitarbeiterin eines Hamburger Frauenhauses. Wo es kaum Beratungsangebote und Therapien für Frauen mit Gewalterfahrungen gebe, rückten die Frauenhäuser auch für Betroffene automatisch mehr in den Fokus.

In Hamburg sei der Andrang von geflüchteten Frauen eher vor zwei Jahren ein Problem gewesen, inzwischen gebe es eine spürbare Entspannung wegen der zurückgehenden Flüchtlingszahlen, aber auch, weil die Infrastruktur für geflüchtete Frauen ausgebaut wurde. Beratungsstellen wie „Savia“ in Hamburg-Altona seien für weibliche Flüchtlinge inzwischen eher erste Ansprechpartnerinnen als die fünf autonomen Frauenhäuser der Stadt.

In diesen gibt es insgesamt 61 Betten für Frauen und Kinder, dazu noch sieben Notbetten bei starkem Andrang. Die Plätze werden zumeist über eine zentrale Notaufnahmestelle für Hamburg und Schleswig-Holstein verteilt. Davon profitiert unter anderem das Autonome Frauenhaus in Lübeck. Auch dieses Haus ist fast immer voll. Zwar verschärfe „jede neue Gruppe von Frauen, die wir betreuen müssen, diese Situation“, erklärt Ilse Lichthäler vom Lübecker Frauenhaus, doch fiele die Gruppe der Zwangsmigrantinnen dabei aktuell ins Gewicht.

Ein größeres Problem sei, so Lichtenthäler, dass Frauen aus anderen Kulturkreisen nicht wüßten, was ein Frauenhaus ist und was es dort für Regeln gibt: „Die Frauen wissen oft nicht, warum die Adresse niemandem verraten werden darf und die Türen verschlossen bleiben – sie fühlen sich anfangs oft wie im Gefängnis.“ Allerdings seien Frauen mit einer Fluchtgeschichte sehr gut in der Lage, sich neuen Situationen anzupassen und würden sich nach anfänglichen Schwierigkeiten meist schnell einleben.

Schnell einleben tun sich auch die Frauen, die in einer vor wenigen Wochen eröffneten Flüchtlingsunterkunft im Bremer Norden untergebracht sind, deren 70 Plätze nur für Frauen und ihre Kinder zur Verfügung stehen. „Es gibt viele Frauen, die aufgrund ihrer Erlebnisse nicht mehr mit Männern zusammenleben können“, begründet Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) die Eröffnung dieser Einrichtung.

Diese Unterkunft wirkt sich auch positiv auf die Bremer Frauenhäuser aus. „Das neue Wohnhaus für geflüchtete Frauen entzerrt auch unsere Belegsituation“, betont Sabine Krämer vom Autonomen Bremer Frauenhaus. Ohnehin sei weniger der Andrang von geflüchteten Frauen, sondern es seien eher ihre spezifischen Probleme eine Herausforderung für die Mitarbeiterinnen gewesen: Unsicherer Aufenthaltsstatus, Übersetzungsprobleme und die Flucht-Traumata seien Themen, die mit dieser Gruppe von Frauen verbunden seien.

Auch Ute Schimpf vom Autonomen Frauenhaus Hannover sieht nicht die Gruppe der geflüchteten Frauen, sondern den angespannten Wohnungsmarkt der Landeshauptstadt als Hauptgrund dafür, „dass wir tatsächlich immer wieder Frauen abweisen müssen“. Schimpf erklärt: „Die Frauen bleiben oft länger hier als notwendig wäre, weil sie keine Wohnanschlussperspektive haben.“

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