Schwangerschaftsabbruch in Nordirland: Ein wenig mehr Recht auf Abtreibung

Europas strengstes Abtreibungsgesetz verstößt gegen die Menschenrechte. So sieht es das Oberste Gericht Nordirlands. Ändern wird sich nichts.

Eine Frau hält die Füße eines Neugeborenes in der Hand

Weil der Schwangerschaftsabbruch in Nordirland unter Strafe steht, müssen Frauen im Ausland abtreiben. Foto: ap

DUBLIN taz | Nordirlands Abtreibungsgesetz verstößt gegen die Europäische Menschenrechtskonvention. Das stellte der Oberste Gerichtshof in Belfast fest. Richter Mark Horner sagte, dass die Menschenrechte in Nordirland von den Gerichten geschützt werden müssten.

Das Gerichtsverfahren war von der nordirischen Menschenrechtskommission angestrengt worden. Sie wollte damit erreichen, dass bei Vergewaltigung und Inzest sowie in Fällen, in denen der Fötus keine Überlebenschance hat, ein Recht auf Abtreibung garantiert wird. Bisher ist ein Schwangerschaftsabbruch in Nordirland nur zulässig, wenn das Leben der Schwangeren unmittelbar in Gefahr ist.

Nordirlands Abtreibungsgesetz stammt aus dem Jahr 1861. Demnach können Ärzte zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt werden, wenn sie Abtreibungen vornehmen – selbst bei Schwangerschaften durch Vergewaltigung oder Inzest. Dieselbe Strafe droht der Frau. Das britische Gesetz von 1967, das Abtreibungen zulässt, ist in Nordirland nie ratifiziert worden. Auch die Abtreibungspille ist verboten. Eine Frau steht zur Zeit vor Gericht, weil sie im Internet diese Pille für ihre minderjährige Tochter erworben hat. Bei einem Schuldspruch muss sie mit einer Haftstrafe von fünf Jahren rechnen.

Ändern wird sich an dem restriktivsten Abtreibungsgesetz in Europa durch das Urteil vom Montag nichts, denn darüber müsste das Regionalparlament entscheiden. Doch das ist ein heißes Eisen, das niemand anfassen will, zumal im Frühjahr Regionalwahlen anstehen. Kein Politiker will das britische Abtreibungsgesetz auf Nordirland ausweiten.

Nordirlands Abtreibungsgesetz stammt aus dem Jahr 1861

Laut einer Umfrage von Amnesty International sind knapp 70 Prozent der Befragten für Abtreibung bei Vergewaltigung oder Inzest. Aber nur ein Viertel befürwortet, das im übrigen Vereinigten Königreich geltende Gesetz auf Nordirland auszudehnen. So werden nordirische Frauen vorerst weiterhin zur Abtreibung nach Großbritannien reisen müssen. Seit 1970 haben das 60.000 Frauen getan, schätzt Amnesty International.

Und das ist nicht billig. Die Frauen müssen 400 bis 2.000 Pfund an die Privatklinik zahlen, der Preis hängt von der Länge der Schwangerschaft ab. Weil sie sich kaum jemandem anvertrauen können, kommen sie oft erst spät in die Klinik. Lediglich 1,4 Prozent der Frauen aus England, Schottland und Wales sind mehr als 20 Wochen schwanger, wenn sie eine Abtreibung vornehmen lassen. Bei nordirischen Frauen sind es acht Prozent.

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