Schwarz-Gelbe Gesundheitspolitik: Schweigen vor der Nichtreform

Die Koalition wird am Dienstag wohl die Beitragssätze erhöhen - und damit ambitionierte Reformpläne aufgeben. Offen sagen will das natürlich niemand

Von seinen Ideen ist nicht viel geblieben: Gesundheitsminister Philipp Rösler scheint mit seinen Reformplänen gescheitert. Bild: ap

BERLIN taz | Wer in diesen Tagen die Gesundheitspolitik der Bundesregierung verteidigt, hat eine schwierige Aufgabe, denn viel darf öffentlich nicht gesagt werden. Zumindest nicht vor der vielleicht entscheidenden Koalitionsrunde, denn da ist Stillschweigen vereinbart.

Am Dienstag trifft sich diese Runde und bespricht die aktuellen Ideen, die längst durchgesickert sind und die das für 2011 drohende Defizit der Krankenkassen von 11 Milliarden Euro beheben sollen. Von einer ursprünglich geplanten Kopfpauschale, von einer Abkoppelung der Gesundheit vom Faktor Arbeit, ist längst keine Rede mehr. Wenn man den Vorabmeldungen glauben will. Stattdessen soll der Beitragssatz von 14,9 Prozent auf 15,5 Prozent steigen, und die Zusatzbeiträge sollen "weiterentwickelt werden", wie regierungstypisch die geplante Kostensteigerung sprachlich zum Positiven gewendet wird. Die Deckelung der Zusatzbeiträge bei 1 Prozent des Einkommens soll auf 2 Prozent angehoben werden.

Kommt es tatsächlich so, wäre nicht nur nichts mehr übrig geblieben von Philipp Röslers Idee, die Gesundheit von den Arbeitskosten zu lösen - es würde sogar der gegenteilige Effekt eintreten. Denn sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber müssten ab dem kommenden Jahr 0,3 Prozentpunkte mehr an die Krankenkassen bezahlen - wobei die Arbeitnehmer unverändert 0,9 Prozentpunkte mehr als die Arbeitgeber an die Sozialkassen abführen.

Und wie es so ist, wenn Stillschweigen vereinbart ist, wird dann der Unmut hinter den Kulissen geäußert. Besonders bei den Fachpolitikern aus den Koalitionsfraktionen steigt der Frust, weil sie an den letzten Entscheidungen nicht mehr beteiligt worden sind. Dafür seien sie nicht angetreten, heißt es aus FDP-Kreisen, dies sei noch nicht einmal der geplante Einstieg in die Prämie.

Doch auch in der Union sind die Fraktionspolitiker unzufrieden. "Wir wurden nicht involviert", sagt einer. Das, was an Lösungsvorschlägen auf dem Tisch liege, "hatten wir schon einmal". Tatsächlich waren die Beiträge nur als Teil des Konjunkturpakets auf die aktuellen 14,9 Prozent gesunken - nun sollen sie wieder auf den Wert vor den Wirtschaftshilfen steigen. In der Bewertung sind sich Fachpolitiker parteiübergreifend einig: Der Vorschlag käme "einer Demontage" von Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) gleich.

Die Wenigen, die überhaupt etwas offen sagen, flüchten sich in Allgemeinplätze: "Entscheidend bei der anstehenden Gesundheitsreform ist die Perspektive für die Zukunft", sagt der CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn. "Der steigende Finanzbedarf wird in den nächsten Jahren lohnunabhängig über den Zusatzbeitrag finanziert - und dieser über Steuermittel sozial ausgeglichen."

Wann sich FDP-Gesundheitsminister Philipp Rösler öffentlich erklären wird, ist noch unsicher. Auch sein Sprecher ließ sich am Montag nicht entlocken, wie Rösler einen solchen Vorschlag als Erfolg verkaufen wolle. Denn einst hatte er sein Schicksal an eine erfolgreiche Reform gebunden.

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