Schweden nutzte CIA für Abschiebung: Hohe Entschädigung für Folteropfer

Ein Ägypter erhält 330.000 Euro von Schweden, weil die Regierung den angeblich "Terrorverdächtigen" 2001 von der CIA abschieben ließ - in zwei Jahre währende ägyptische Folterhaft.

STOCKHOLM taz Entschädigung in Höhe von umgerechnet 330.000 Euro muss Schweden an einen Ägypter zahlen, den sich Stockholm vor sieben Jahren vom US-Geheimdienst CIA als vermeintlich Terrorverdächtigen aus dem Lande schaffen ließ. Es war einer der ersten Flüge, die sich nach 9/11 zu einem regelrechten System entwickelten und für die der Begriff "CIA-Foltercharter" gängig werden sollte.

Mohammed Al-Zery wurde zusammen mit Ahmed Agiza, einem weiteren Ägypter, am Abend des 18. Dezember 2001 vom Stockholmer Flugplatz Bromma nach Kairo und in ein ägyptisches Gefängnis ausgeflogen. Zuvor waren die zwei Männer vom schwedischen Geheimdienst Säpo auf dem Flugplatz an CIA-Beamte übergeben worden. Diese hatten die beiden vor dem Abflug misshandelt, an Knöcheln und Handgelenken zusammengekettet und mit Kapuzen über den Köpfen in hängender Stellung im Flugzeug fixiert.

Den Vorgang versuchte die schwedische Regierung geheim zu halten. Er wurde zweieinhalb Jahre später durch Journalisten aufgedeckt. Stockholm hatte die US-Agenten als Handlanger benutzt, weil schwedische Gesetze eine Ausweisung in ein Land, in dem den Betreffenden Folter droht, verbieten. Dafür wurde Schweden vom Europarat, dem Antifolterkomitee der UN verurteilt, dem Europaparlament und Menschenrechtsorganisationen heftig kritisiert.

Al-Zery wurde in Ägypten nie wegen irgendeiner Terrorbeteiligung ein Prozess gemacht. Er wurde 2003 nach zwei Jahren Haft ohne Anklage auf freien Fuß gesetzt - nachdem er dort laut Human Rights Watch sowie Aussagen seiner Rechtsanwälte und Familienangehörigen gefoltert wurde. Er lebt noch in Ägypten und hat eine neue Aufenthaltserlaubnis für Schweden beantragt, über die aber noch nicht entschieden wurde - womöglich wegen der Schadenersatzfrage, bei der man sich jetzt geeinigt hat.

Al-Zery hatte die zehnfache Summe, 30 Millionen Kronen (3,3 Millionen Euro), Schadenersatz gefordert. Dabei hatte man sich an von internationalen Gerichten entschiedenen vergleichbaren Fällen orientiert, meint Kjell Jönsson, von der Menschenrechtsorganisation "Helsinki-Kommission", die die Verhandlungen für Al-Zery führte. Die Einigung auf eine bedeutend niedrigere Summe sei zustande gekommen, weil im schwedischen Rechtssystem ein anderes Entschädigungsniveau üblich sei.

Stockholm wolle mit den 3 Millionen Kronen "Personenschäden und ideelle Schäden" ersetzen, erklärt der zuständige Justizkanzler Göran Lambertz. Und er stellt gleichzeitig fest: "Das, was in Bromma passiert ist, war nicht akzeptabel und hätte nie geschehen dürfen."

Die jetzige Entschädigung - der vermutlich eine ähnliche an Ahmed Agiza folgen dürfte - ist die einzige rechtliche Konsequenz, dass die schwedische Regierung zwei Flüchtlinge ohne Entscheidung ihres Asylantrags in ein ausländisches Foltergefängnis abschieben ließ. Weder juristisch noch politisch wurde bis heute jemand dafür zur Verantwortung gezogen.

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