Schweizer Rentenreform gescheitert: „Teures Linksprojekt“ abgelehnt

Die Menschen in der Schweiz haben zum ersten Mal eine Rentenreform abgelehnt. Dort sind die Rentner verglichen mit Deutschland noch ziemlich gut gestellt.

Drei verschiedene Paar Hände halten sich an Gehstöcken fest

Rentnern in der Schweiz gehe es vergleichsweise gut Foto: dpa

BERN dpa | In der Schweiz ist die erste Rentenreform seit 20 Jahren bei einer Volksabstimmung gescheitert. 52,7 Prozent der Wähler sagten nach dem vorläufigen Endergebnis Nein zu verschiedenen Maßnahmen die das Altersgeld langfristig besser absichern sollten. „Das Problem der Finanzierung bleibt damit ungelöst“, sagte Innen- und Sozialminister Alain Berset enttäuscht.

Die Vorlage war gekoppelt an eine separate Frage zur Erhöhung der Mehrwertsteuer zur Teilfinanzierung der Rentenkasse (AHV). Auch diese scheiterte. Rund 50 Prozent der Wähler nahmen an der Abstimmung teil.

Die Reform sah unter anderem vor, das Rentenalter für Frauen von 64 auf das Niveau der Männer von 65 Jahren anzuheben. Die Regierung wollte die Mehrwertsteuer zugunsten der AHV von acht auf 8,3 Prozent anheben. Die Lohnbeiträge an die Renten-, Invaliden- und Erwerbsersatzkassen sollten von 10,25 auf 10,55 Prozent steigen. Diesen Beitrag finanzieren Arbeitgeber und –nehmer je zur Hälfte.

Die größte Partei, die konservative Volkspartei (SVP), hatte die Reform als „teures Linksprojekt“ abgelehnt. Auch die drittgrößte Partei, die liberale FDP, war dagegen. Das Parlament hatte die Reform im Frühjahr aber knapp gutgeheißen.

60 Prozent des letzten Lohnes

Der SVP ging die Reform nicht weit genug. Vor allem wetterte sie gegen Pläne, die Basisrente bei maximaler Beitragszeit um 70 Franken zu erhöhen. Das mache die bessere Finanzierung wieder zunichte. Die Rentenkasse in der Schweiz ist wie in allen europäischen Ländern unter Druck, weil bald die geburtenstarken Jahrgänge in Rente gehen, die Menschen länger leben und die Zinsen seit Jahren niedrig sind.

Die Schweiz sei verglichen mit Deutschland in einer komfortablen Position, sagte Martin Eling, Professor für Versicherungsmanagement in St. Gallen. Er nennt die seit 1985 bestehende zweite Schweizer Rentensäule mit je 50 Prozent Pflichtbeiträgen von Arbeitgebern und –nehmern. Die Summe steigt mit dem Alter, zuletzt auf 18 Prozent des Lohnes.

Mit beiden Säulen sollen Rentner etwa 60 Prozent des letzten Lohnes erreichen. „Das Zwangssparen in eine zweite Säule braucht Deutschland auch“, sagt Eling. Anders als Deutsche bekommen Schweizer keinen Arbeitgeberzuschuss zur Krankenkasse und jedes Familienmitglied muss einzeln versichert werden.

Die AHV-Mindestrente liegt bei maximalen Beitragsjahren bei 1.175 Franken (gut 1.000 Euro) im Monat, die Höchstrente bei 2.350 Franken. Aus der zweiten Säule kommt ein Rentner mit mittlerem Einkommen nach einer Studie der Bank Credit Suisse zusätzlich auf gut 1.600 Franken. Die Lebenshaltungskosten in der Schweiz sind aber deutlich höher als in Deutschland.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.