Schwere Ausschreitungen in Ägypten: Chaos in Kairo

Bei Protesten gegen Ägyptens Regierung lieferten sich Demonstranten und die Polizei Straßenschlachten. Derweil darf der Satiriker Bassem Jussif weiter Mursi-Witze machen.

Demonstraten vor dem Obersten Gerichtshof in Kairo. Bild: dpa

ISTANBUL/KAIRO dpa/afp | Bei gewaltsamen Protesten gegen Ägyptens Staatschef Mohamed Mursi sind am Wochenende nach offiziellen Angaben mindestens acht Menschen verletzt worden. In Kairo und zwei weiteren Städten sei es am Samstag zu schweren Ausschreitungen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften gekommen, meldete die amtliche Nachrichtenagentur Mena.

Zuvor waren bei neuer Gewalt zwischen Muslimen und koptischen Christen fünf Menschen getötet worden. Die Anti-Regierungsproteste konzentrierten sich in Kairo vor dem Obersten Gerichtshof in der Hauptstadt, den die Demonstranten zu stürmen versuchten. Sie steckten Reifen in Brand und griffen gepanzerte Polizeifahrzeuge an, die Sicherheitskräfte setzten Tränengas ein.

Zu den Verletzten sei es dort und in der südlichen Provinz Fajum gekommen, meldete Mena. In der Stadt Mahalla sei eine Polizeistation mit Benzinbomben angegriffen worden. Auch in Alexandria sei es zu Ausschreitungen gekommen.

Anlass der Proteste war der fünfte Gründungstag der Bewegung 6. April. Die Bewegung hatte großen Anteil am Sturz des früheren Präsidenten Husni Mubarak und ist inzwischen Teil einer säkularen Koalition gegen den islamistischen Mubarak-Nachfolger Mursi.

Hakenkreuz-Schmierereien als Auslöser

Bei einer religiös motivierten Schießerei nahe Kairo waren am Freitagabend vier Kopten und ein Muslim getötet worden. Sechs weitere Menschen seien im Bezirk Kaljubia nördlich der Hauptstadt verletzt worden, verlautete aus Sicherheitskreisen. Präsident Mursi bemühte sich, ein Aufflammen neuer Gewalt zwischen den Konfessionen zu verhindern.

Mursi rief am Samstag „alle Bürger“ auf, „jede Handlung zu unterlassen, die die Sicherheit und Stabilität des Landes gefährdet“. Auslöser des Streites waren Hakenkreuz-Schmierereien von Kindern an einem islamischen Gebäude. Als sich ein Muslim darüber beschwerte, sei die Situation eskaliert und Schüsse gefallen, hieß es aus Sicherheitskreisen.

Die aufgebrachten Muslime hätten anschließend eine Kirche belagert, die aber von Sicherheitskräften geschützt worden sei. Nach Medienberichten unter Berufung auf einen Priester wurde ein Teil der Kirche in Brand gesetzt. Aus Sicherheitskreisen wurde das dementiert.

Satire-Sendung bleibt erlaubt

Ein Islamist ist mit seiner Klage gegen den privaten Fernsehsender CBC, der Witze über Präsident Mursi zeigt und den Islam beleidigt haben soll, gescheitert. Ein Verwaltungsgericht in Kairo wies am Samstag den Fall mit der Begründung ab, der Kläger sei zu dieser Klage überhaupt nicht berechtigt.

Ein islamistischer Anwalt hatte die Schließung des Senders erreichen wollen, der die Show „Al-Barnameg“ des populären TV-Satirikers Bassem Jussif ausgestrahlt. Gegen Jussif laufen allerdings noch weitere Verfahren wegen Beleidigung. Vor einer Woche war er nach einem Verhör gegen eine Kaution von umgerechnet rund 1.700 Euro wieder freigekommen.

Seit die Islamisten in Ägypten an der Macht sind, häufen sich Klagen gegen Kritiker der Muslimbruderschaft – aus der Mursi stammt – oder der Regierung. Menschenrechtler kritisieren einen deutlichen Anstieg bei der Strafverfolgung von Journalisten, Bloggern und anderen Aktivisten.

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