Seenot-NGO wehrt sich: Klage gegen Italien

Die NGO Sea-Eye geht juristisch gegen italienische Behörden vor. Die haben ihr Schiff „Alan Kurdi“ wegen angeblicher technischer Mängel festgesetzt.

Das Seenotrettungsschiff alan kurdi mit Schlauchboot im Meer

„Sea Eye“ geht juristisch gegen die Festsetzung des Schiffes „Alan Kurdi“ vor Foto: Fabian Heinz/dpa

BERLIN taz | Die Seenotrettungsorganisation Sea-Eye hat Klage gegen das italienische Verkehrsministerium eingereicht. Grund sei die Festsetzung ihres Schiffes „Alan Kurdi“, teilte die Initiative in Regensburg mit. Die Klage richte sich auch gegen das Hafenamt von Palermo. Man habe bei einem Gericht in Sizilien ein Eilverfahren beantragt. Sea-Eye habe wegen der Festsetzung bereits drei Missionen zur Rettung von Flüchtlingen im Mittelmeer absagen müssen.

Italienische Behörden hatten die „Alan Kurdi“ wegen angeblicher technischer Mängel, Sicherheitsbedenken und Verstößen unter anderem gegen Umweltauflagen am 5. Mai festgesetzt. Das Schiff hatte zuvor zwölf Tage lang nicht anlegen dürfen, obwohl es mit fast 150 vor der Küste Libyens geretteten Menschen an Bord völlig überfüllt war.

„Der Festsetzungsbescheid der italienischen Verkehrsbehörde ist unserer Meinung nach rechtswidrig und schafft juristische Unsicherheiten, die weitere Einsätze der ‚Alan Kurdi‘ verunmöglichen sollen“, erklärte der Sea-Eye-Vorsitzende Gorden Isler. „Seenotrettung ist eine völkerrechtliche Verpflichtung.“

Die italienischen Behörden halten auf Sizilien aktuell auch die Rettungsschiffe „Ocean Viking“, „Sea-Watch 3“ und die „Aita Mari“ anderer Organisationen fest.

Klagen auch gegen Salvini

In der vergangenen Woche hatte der italienische Senat die Immunität des früheren Lega-Innenministers Matteo Salvini in einem zweiten Verfahren im Zusammenhang mit dessen Anti-Flüchtlingspolitik aufgehoben. In dem Fall geht es um ein Verfahren wegen Freiheitsberaubung und Amtsmissbrauch vor einem Gericht in Palermo. Salvini hatte als Minister das private spanische Rettungsschiff „Open Arms“ mit Dutzenden Migranten an Bord vor einem Jahr längere Zeit auf dem Meer blockiert.

In einem weiteren Verfahren gegen Salvini hatte der Senat bereits im Frühjahr ähnlich entschieden. Damals ging es um die Blockade des Küstenwachschiffs „Gregoretti“ mit 131 Migranten. Nach bisherigen Angaben soll dieser Prozess am 3. Oktober in Catania auf Sizilien starten. Salvini drohen lange Haftstrafen.

Derweil schicken die NGOs Sea-Watch, Ärzte ohne Grenzen und United4Rescue ein neues Rettungsschiff auf das Mittelmeer. Die „Sea-Watch 4“ wird derzeit im spanischen Hafen Burriana auf ihren Einsatz vorbereitet und soll in Kürze zu seinem ersten Rettungseinsatz aufbrechen. Der Einsatz wird von Sea-Watch geleitet und von Ärzte ohne Grenzen medizinisch unterstützt. Etwa als 550 Organisationen stehen als Bündnispartner*innen hinter der Sea-Watch 4.

„Die Sea-Watch 4 und das dahinterstehende breite Bündnis sind die deutliche Antwort der Zivilgesellschaft auf die rassistische Politik der EU, die Menschen ertrinken lässt, damit sie europäisches Festland nicht erreichen“, so der Einsatzleiter der Sea-Watch 4, Philipp Hahn. EU-Flugzeuge beobachteten Ertrinkende aus der Luft und koordinieren illegale Rückführungen nach Libyen, während Rettungsschiffe wie die Sea-Watch 3 aus politischen Gründen an die Kette gelegt würden, so Hahn.

„Niemand darf in Verhältnisse zurückgezwungen werden, in denen Tod, Folter und Ausbeutung drohen“, sagt Oliver Behn, Leiter der Projektabteilung von Ärzte ohne Grenzen in Amsterdam. Doch genau dies sei die Folge der Politik der europäischen Staaten, die staatliche Seenotrettung weitgehend eingestellt haben, die zivile Seenotrettung behindern und die Menschen durch die libysche Küstenwache ins Konfliktgebiet zurückbringen lassen. Erst vergangene Woche seien drei Jugendliche erschossen worden, direkt nachdem sie nach Libyen zurückgezwungen wurden.

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