Seenotrettungsschiff „Louise Michel“: „Sea-Watch 4“ kommt zu Hilfe

Die von Banksy gestiftete „Louise Michel“ liegt mit 219 Geretteten an Bord manövrierunfähig im Meer. Italien und Malta haben bisher nicht auf ihren Notruf reagiert.

Die „Louise Michel“ bei bewölktem Abendhimmel auf hoher See

Benannt nach einer französischen Anarchistin – das Seenotrettungsschiff „Louise Michel“ Foto: reuters

FRANKFURT/MAIN/ROM/BERLIN epd/afp | Das Seenotrettungsschiff „Sea-Watch 4“ hat am Samstag seinen Kurs im Mittelmeer geändert, um der manövrierunfähigen „Louise Michel“ zu helfen. Die Organisation Sea-Watch teilte am Mittag auf Twitter mit, die beiden Rettungsschiffe seien noch vier Stunden voneinander entfernt.

Nach einer ersten Rettungsaktion am Donnerstag, bei der 89 Menschen gerettet worden waren, kümmern sich die zehn Besatzungsmitglieder der „Louise Michel“ inzwischen um insgesamt 219 Menschen, nachdem am Freitag ein weiteres Boot mit 130 Menschen gesichert wurde. Das Rettungsschiff bat bereits die italienische Küstenwache und das maltesische Militär um Hilfe, doch die Behörden in Italien und Malta hätten nach Angaben der Crew zunächst nicht auf den Notruf reagiert.

Eine Person sei bereits tot aufgefunden, teilte die Besatzung der „Louise Michel“ auf Twitter mit. Daneben seien mehrere Migranten mit Verbrennungen durch Treibstoff an Bord. Die Menschen wären tagelang auf See gewesen und bräuchten dringend Hilfe. Unter den Geretteten befänden sich auch viele Frauen und Kinder. Aufgrund des überfüllten Decks und einer an der Seite ausgefahrenen Rettungsinsel, auf der insgesamt 33 Menschen ausharren müssten, könne das Schiff nicht mehr bewegt werden.

Laut der Website Marinetraffic lag die unter deutscher Flagge fahrende „Louise Michel“ am Samstagmorgen rund 90 Kilometer südöstlich der italienischen Insel Lampedusa.

Die „Louise Michel“ hatte bei den zurückliegenden Rettungsaktionen der „Sea-Watch 4“ assistiert. Das überwiegend aus kirchlichen Spenden finanzierten Sea-Watch-Schiff nahm in den vergangenen Tagen mehr als 200 Menschen auf und wartet ebenfalls auf einen sicheren Hafen. Der international bekannte Street-Art-Künstler Banksy unterstützt die „Louise Michel“. Er kaufte das frühere Schiff der französischen Marine für die Seenotrettung im Mittelmeer.

Banksy hat das Schiff zudem bemalt – unter anderem mit dem Graffiti eines Mädchens in Rettungsweste, das einen pinken Rettungsring in Herzform hält. Benannt ist die „Louise Michel“ nach einer französischen Anarchistin aus dem 19. Jahrhundert.

Kapitänin der „Louise Michel“ ist Pia Klemp, die auch schon für Sea-Watch im Einsatz war. Die italienische Justiz ermittelt seit vergangenem Jahr gegen sie wegen „Beihilfe zur illegalen Einreise“.

Klemp sagte in einem Interview mit der britischen Tageszeitung The Guardian: „Ich sehe die Seenotrettung nicht als eine humanitäre Aktion, sondern als Teil eines antifaschistischen Kampfes.“ Die Crew besteht laut Sea-Watch aus zehn erfahrenen Seenotrettern aus ganz Europa. Das Leben an Bord zeichnet sich durch „flache Hierarchien und eine vegane Ernährung“ aus.

„Du klingst wie ein knallharter Typ“

Laut Guardian hatte Banksy Klemp im vergangenen September per E-Mail kontaktiert. „Hallo Pia, ich habe über deine Geschichte in der Zeitung gelesen. Du klingst wie ein knallharter Typ“, zitiert die Zeitung aus der Nachricht, die Klemp zunächst für einen Scherz hielt.

Banksy habe weiter geschrieben: „Ich bin ein Künstler aus Großbritannien und habe einige Arbeiten über die Migrationskrise gemacht, natürlich kann ich das Geld nicht behalten. Könntest du es verwenden, um ein neues Boot oder so etwas zu kaufen? Bitte lass es mich wissen. Gut gemacht. Banksy.“

Das Schiff wurde zwischen Ende Juni und Mitte August im spanischen Borriana nördlich von Valencia umgebaut, wie ein Sprecher des Hafens sagte. Das 30 Meter lange Schiff ist zwar kleiner als der Rest der Sea-Watch-Flotte, aber dafür mit 28 Knoten (51 km/h) so schnell, dass es mit den Schiffen der libyschen Küstenwache mithalten kann.

In diesem Jahr versuchen Menschen wieder vermehrt von Libyen und Tunesien aus mit Booten nach Europa zu gelangen. Nach Schätzungen der Internationalen Organisation für Migration (IOM) sind 2020 bereits mehr als 300 Menschen bei der Überfahrt ums Leben gekommen.

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