Seilbahn-Pläne empören Ökologen: Entsetzen über Europapark Rust

Deutschlands größter Freizeitpark plant eine Seilbahn über den Rhein nach Frankreich. Umweltschützer protestieren dagegen.

Logo des Europa-Parks

Logo des Europa-Parks Foto: dpa

RUST taz | Im November kehrt Ruhe ein im Europa-Park: Deutschlands größter Freizeitpark hat geschlossen. Die Parkplätze sind verlassen, die Schreie der Achterbahnfahrer verstummt. Mitarbeiter räumen Halloweenkürbisse weg, installieren Weihnachtsdeko. Eine Zeit zum Verschnaufen – eigentlich.

Doch Rust, ein Dorf mit 4.500 Einwohnern in der Nähe von Freiburg, kommt nicht zur Ruhe. Seit der Europa-Park erklärt hat, eine Seilbahn ins benachbarte Frankreich bauen zu wollen, brodelt die Gerüchteküche. „Das hat für Wirbel gesorgt“, bestätigt Bürgermeister Kai-Achim Klare (SPD). „Für uns könnte dieses Projekt eine enorme Verkehrsentlastung darstellen. Aber es steht und fällt mit der Umweltverträglichkeit.“

Seit Jahren leidet Rust unter dem Verkehr. 5,6 Millionen Besucher strömten im vergangenen Jahr in den Freizeitpark im Südwesten der Republik, die meisten davon mit dem Auto. Regelmäßig kommt es auf der Autobahn A 5 schon vor der Ausfahrt zu Staus und Unfällen, weshalb die Anschlussstelle Rust derzeit für fast 7 Millionen Euro ausgebaut wird.

Eine Seilbahn könnte das Verkehrsproblem womöglich entschärfen. 23 Prozent aller Besucher reisen aus dem nur wenige Kilometer entfernten Frankreich an, zudem pendeln rund 1.000 Mitarbeiter täglich aus dem Elsass hinüber. Doch der Weg der Gondeln würde nicht nur über den Rhein führen, sondern durch ein Naturschutzgebiet. Zudem sollen auf französischer Seite Parkplätze und ein Hotel errichtet werden.

„Eines der letzten Paradiese Europas“

Das besagte Naturschutzgebiet, genannt Taubergießen, wirkt noch wie eine Märchenlandschaft. Nebel wabert hier frühmorgens zwischen Eichen und Silberweiden, Insekten kreisen über Tümpeln. Der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) bezeichnet das 1.600 Hektar große Areal als „eines der letzten Paradiese Europas“. Eisvögel, Spechte und Seeadler leben hier, genau wie unzählige Schmetterlinge und Libellen. Die Befürchtung der Naturschützer: Die Seilbahn könnte all das gefährden.

Noch pendelt in der Region ausschließlich eine Autofähre über den Rhein. Doch der Nabu, der direkt neben der Anlegestelle eine Naturstation betreibt, hat bereits vorsorglich eine Protestnote aufgehängt. „Wir glauben nicht, dass ein Seilbahn-Projekt mit den strengen Naturschutzauflagen des Gebiets vereinbar ist“, wird auch der elsässische Umweltverband LPO zitiert. Der Kampf gegen die Gondeln ist grenzüberschreitend – genau wie das Engagement dafür.

Martin Neub, Nabu Südbaden

„Eine Schneise durch den Wald müsste geschnitten werden“

Als der Europa-Park die Idee Anfang November präsentierte, stellte er ein Foto auf seine Website. Es zeigt die Parkchefs neben dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und dem baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann. Bildunterschrift: „Schulterschluss für deutsch-französische Vision.“ Die Aussage wirkt so, als sei alles von ganz oben abgesegnet – obwohl noch gar kein Bauantrag gestellt wurde.

„Das Projekt steckt in den Kinderschuhen“, beteuert Europa-Park-Sprecherin Diana Reichle. Es gehe um einen Zeithorizont von fünf bis zehn Jahren. „Für uns steht außer Frage, dass bei der Planung alle Naturschutzverbände involviert werden“, sagt Reichle. Das sei aber erst sinnvoll, wenn es konkrete Pläne gebe. Ähnlich äußert sich das Regierungspräsidium Freiburg, das ebenfalls von einer „Vision“ und einem „innovativen Ansatz“ spricht.

„Auf uns ist niemand zugekommen“, ärgert sich Martin Neub, Vorsitzender des Nabu-Bezirksverbands Südbaden. Er glaubt, dass das Verkehrsargument nur vorgeschoben ist, um eine Expansion des Parks nach Frankreich zu verdecken. Eine Seilbahn hält er für unverhältnismäßig: „Es müsste eine Schneise durch den Wald geschnitten werden, um Platz für Anfahrts- und Rettungswege zu schaffen.“

Nicht der erste Krach zwischen Park und Verbänden

Axel Mayer, Geschäftsführer des BUND Südlicher Oberrhein, spricht von einem „krebsartigen Wuchern“. Für Mayer ist es nicht der erste Konflikt mit dem Unternehmen: Beim Bau der „Arthur“-Attraktion errichtete der Park eine Brücke so niedrig, dass Kanu-Fahrer nicht mehr hindurchpaddeln können. Obwohl das Bauwerk nicht den Vorgaben entsprach, durfte es stehenbleiben. Stattdessen wurde ein Bußgeld fällig.

Heute betonen die Umweltverbände, man werde notfalls vor Gericht ziehen. Aber sie präsentieren auch Alternativen. „Sinnvoll und vertretbar wäre eine Seilbahn über Nichtnaturschutzflächen zum nächstgelegenen deutschen Bahnhof“, findet Mayer. Der Nabu schlägt elektrisch betriebene Busse vor, die von Frankreich nach Deutschland pendeln. Ob es dazu kommt? Unklar. Die „Vision“ steht laut Mayer schließlich erst am Anfang.

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