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SelbstbestimmungsgesetzMehr als 11.000 Personen ließen den Geschlechtseintrag ändern

Seit August 2024 können Menschen einen Antrag auf Änderung ihres Geschlechtseintrags beim Standesamt stellen. Im ersten Jahr haben Tausende davon Gebrauch gemacht.

Das Selbstbestimmungsgesetz wird ein Jahr alt: In großen Städten haben mehr als 11.000 Menschen ihren Geschlechtseintrag ändern lassen Foto: Heiko Rebsch/dpa

epd | Seit Inkrafttreten des Selbstbestimmungsgesetzes vor einem Jahr haben mehr als 11.000 Personen in den größten deutschen Städten ihren Geschlechtseintrag ändern lassen. Das zeigt eine Umfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) unter den 20 größten Städten und Landeshauptstädten in Deutschland. Das Gesetz gilt seit dem 1. November 2024.

Die meisten Anträge wurden in Berlin beurkundet, hier ließen rund 2.400 Menschen ihren Geschlechtseintrag ändern. In Hamburg wurden insgesamt rund 900 Änderungen wirksam, in München und Köln je knapp 700. In Frankfurt entschieden sich gut 440 Menschen für ein anderes Geschlecht, in Düsseldorf 300.

Im Verhältnis zur Einwohnerzahl wurden hingegen in Leipzig die meisten Änderungen vollzogen. Hier gab es mit gut 900 wirksamen Anträgen 151 Änderungen pro 100.000 Einwohner, gefolgt von Hannover (98) und Bonn (86).

Nicht alle Städte können Angaben zur Häufigkeit der jeweiligen Änderungswünsche machen. Aus den Rückmeldungen auf die epd-Umfrage ließ sich jedoch ein leichter Trend ablesen, dass vormals weibliche Personen häufiger ihren Geschlechtseintrag ändern lassen. Am häufigsten kam demnach der Wechsel von weiblich zu männlich vor. Seltener ließen Menschen ihren Eintrag zu „divers“ oder „ohne Eintrag“ ändern.

Erklärungen werden selten abgelehnt

Seit August 2024 konnten Menschen, die ihren Geschlechtseintrag ändern wollen, beim Standesamt einen Antrag stellen. Nach drei Monaten und höchstens bis sechs Monate nach der Anmeldung können Betroffene dann eine Erklärung beim Standesamt abgeben, die beurkundet wird. Erklärungen müssen an das Standesamt des Geburtsorts weitergegeben werden.

Daher liegt die Zahl der Erklärungen in fast allen Städten sogar noch höher, weil eigentlich ein anderes Standesamt zuständig war. Im Nürnberger Standesamt wurden beispielsweise 290 Erklärungen wirksam, aber nur 138 Menschen haben dort auch ihre Erklärung abgegeben. Zugleich wurden in Nürnberg 259 Erklärungen angenommen und an andere Standesämter weitergeleitet.

Selten werden Erklärungen abgelehnt. Dass nicht alle angemeldeten Erklärungen auch stattfinden, liegt zum Teil daran, dass Antragstellende ihre Frist verstreichen lassen. Nur selten lehnen Standesämter Erklärungen ab – etwa weil die neuen Vornamen nicht zum geänderten Geschlechtseintrag passten, nicht zulässige Sonderzeichen enthielten oder weil die Zustimmung eines gesetzlichen Vertreters fehlte.

Die Bundesregierung will das Selbstbestimmungsgesetz evaluieren lassen. Das Bundesfamilienministerium teilte dem epd dazu mit, dass derzeit eine Abfrage unter allen deutschen Standesämtern erfolge. Die Bundesregierung schätzt die Zahl der Anträge auf durchschnittlich 4.000 pro Jahr. Es sei von einem anfänglichen Anmeldungshoch auszugehen, weil viele Menschen auf das Inkrafttreten des Gesetzes gewartet hätten.

Das Selbstbestimmungsgesetz vereinfacht es für transgeschlechtliche, intergeschlechtliche und nichtbinäre Menschen, ihren Geschlechtseintrag im Personenstandsregister und ihre Vornamen ändern zu lassen. Das Gesetz löste das Transsexuellengesetz von 1980 ab, das zum Teil als diskriminierend empfunden wurde.

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