Selenskyj in Washington: Trump will vorerst keine Tomahawk-Waffen liefern
Bei Selenskyjs Besuch im Weißen Haus lehnt Trump die Lieferung von Tomahawk-Raketen ab. Stattdessen drängt er auf einen Deal mit Russland.

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Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj verließ das Weiße Haus ohne eine Zusage für amerikanische Tomahawk-Waffen. US-Präsident Donald Trump lehnte eine Lieferung der Langstreckenraketen vorerst ab, da dies zu einer Eskalation im Krieg mit Russland führen könnte.
„Tomahawks … sind eine sehr mächtige Waffe, aber auch eine sehr gefährliche Waffe, und sie könnten eine massive Eskalation bedeuten. Es könnte dazu führen, dass viele schlimme Dinge passieren“, sagte der 79-jährige Republikaner während seines Treffens mit Selenskyj am Freitag.
Erst vor wenigen Tagen hatte Trump angekündigt, dass er darüber nachdenke, Tomahawk-Waffen an die Ukraine zu liefern, um dadurch den Druck auf Russland zu erhöhen. Doch am Freitag war davon nicht mehr die Rede. Obwohl der russische Präsident Wladimir Putin bislang keinerlei Anzeichen macht, den mehr als dreieinhalbjährigen Konflikt beenden zu wollen, setzt der US-Präsident aktuell auf eine diplomatische Lösung.
„Das Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj war sehr interessant und freundlich, aber ich sagte ihm, wie ich es auch Präsident Putin dringend empfohlen hatte, dass es an der Zeit sei, mit dem Töten aufzuhören und einen DEAL zu machen!“, erklärte Trump in einem Post nach seinem Treffen mit dem ukrainischen Staatschef.
Der US-Präsident fügte außerdem hinzu, dass beide Länder die aktuellen Kriegsfronten als möglichen Ausgangspunkt für Friedensverhandlungen akzeptieren sollten. „Sie sollten dort stehen bleiben, wo sie sind. Mögen beide den Sieg für sich beanspruchen, die Geschichte soll entscheiden!“, schrieb Trump.
Ob er damit gemeint sei, dass die Ukraine, die von russischen Truppen besetzen Gebiete in der Ostukraine an Moskau abtreten sollen, ist ungewiss. Es wäre jedoch nicht das erste Mal, dass Trump einen solchen Vorschlag unterbreitet hätte. Die Regierung in Kyjiw hat dies bislang kategorische abgelehnt.
Mit leeren Händen geht es zurück
Selenskyj kam mit großen Hoffnungen nach Washington und verließ das Treffen am Ende ohne konkreten Zusagen. Laut Experten wäre es übertrieben zu behaupten, dass Tomahawk-Marschflugkörper den Krieg zugunsten der ukrainischen Streitkräfte drehen würden. Doch das Waffensystem, mit einer Reichweite von knapp 1.600 Kilometer, würde es der Ukraine ermöglichen, strategische Ziele wie Kraftwerke in Russland anzugreifen, erklärte das Center for Strategic & International Studies.
Für den ukrainischen Staatschef war es bereits das dritte Treffen mit Trump in Washington seit dessen Amtsantritt im Januar. Die Atmosphäre zwischen den beiden war freundlich. Angesichts der Situation in der Ukraine, wo russische Luftangriffe zum Alltagsbild gehören, lag jedoch auch eine gewisse Anspannung in der Luft.
Selenskyj zeigte sich nach dem Treffen eher nüchtern. Er bedanke sich bei den USA für deren anhaltende Unterstützung und bei Präsident Trump für dessen Bemühungen, den Krieg in der Ukraine zu beenden. Auch gratulierte er Trump zum Waffenstillstandsabkommen im Nahen Osten. Gleichzeitig machte er aber erneut klar, dass er seinem Gegenüber in Moskau nicht trauen würde.
Erneutes Treffen zwischen Trump und Putin geplant
„Die Signale aus Russland sind nicht neu, wir setzten unsere Hoffnungen jedoch auf Präsident Trump, dass dieser den Druck auf Putin so stark erhöht, dass dieser den Krieg beendet“, sagte der 47-Jährige.
Das Treffen zwischen Trump und Selenskyj kam nur einen Tag, nachdem Trump mit Putin ein erneutes Telefonat geführt hatten. Dabei vereinbarten die beiden ein nächstes persönliches Treffen, welches in den kommenden Wochen in der ungarischen Hauptstadt Budapest abgehalten werden soll. „Ich glaube, dass mit dem heutigen Telefongespräch große Fortschritte erzielt wurden“, kommentierte Trump sein Gespräch mit Putin am Donnerstag.
Rauer Ton mit der Ukraine, weicheren Ton mit Russland
Inwieweit das Telefonat mit Putin zu Trumps Kehrwende in Bezug auf Waffenlieferungen beigetragen hat, ist unklar. Doch nachdem der Präsident in den vergangenen Wochen und Monaten einen schärferen Ton gegenüber Putin und dessen vermeintlichen Spielchen an den Tag gelegt hatte, war davon am Freitag nichts mehr zu spüren.
US-Medien berichten zudem, dass das Treffen zwischen Trump und Selenskyj etwas rauer im Ton gewesen sein soll. Die Gespräche endeten schlagartig nach knapp zweieinhalb Stunden, berichtete Axios. Laut einer Person, die bei den Gesprächen dabei war, soll Trump gesagt haben: „Ich denke, wir sind fertig. Mal sehen, was nächste Woche passiert“. Gemeint ist damit ein Treffen zwischen einer US-amerikanischen und russischen Delegation unter der Führung von US-Außenminister Marco Rubio.
Selenskyj informierte im Anschluss mehrere europäische Staatschefs über sein Treffen in Washington. Friedrich Merz erklärte in einem Post auf X nur wenig später, dass die Ukraine die „volle Unterstützung Deutschlands und der europäischen Freunde“ habe. Der nächste Schritt muss Friedensplan heißen, erklärte der CDU-Politiker.
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