Senat stellt Eckpunkte vor: Integration ist gesetzt

Als erstes Bundesland bastelt Berlin an einem Integrationsgesetz. Quoten sieht der Entwurf aber nicht vor. Grüne prophezeien, das Vorhaben werde nichts ändern.

Im Handel eine Selbstverständlichkeit, im öffentlichen Dienst noch nicht Bild: ap

Da sitzt der Schreck wohl tief: Er wolle "eine breite" Debatte" über das in Arbeit befindliche Integrationsgesetz, hatte der Landesbeauftrage für Integration, Günter Piening, angekündigt. Doch verteilt wurde der erste Enwurf am Mittwoch nur mit dem Zusatz "vertraulich"; auch die eingeforderten Stellungnahmen der Berliner Migrantenverbände zu dem Eckpunktepapier seien "nicht öffentlich", hieß es dazu.

Die Zurückhaltung mag an der Aufregung liegen, für die das Gesetz schon gesorgt hat, als noch gar nichts daraus veröffentlicht war: "Integrationsgesetz verstößt gegen Grundgesetz" hatte etwa die Morgenpost Anfang Mai getitelt, vor einer "Bevorzugung von Migranten" warnte die Welt.

Die lässt sich im nun vorliegenden Eckpunktepapier allerdings nicht wiederfinden: Dies sieht zwar vor, interkulturelle Kompetenz künftig bei Einstellungen und Beförderungen im öffentlichen Dienst zu berücksichtigen. Stellenausschreibungen sollen zudem darauf hinweisen, dass Bewerbungen von Menschen mit Migrationshintergrund erwünscht seien. Dass diese aber gerade nicht prinzipiell bevorzugt werden, stellt der Zusatz klar, dass sie die Einstellungsbedingungen erfüllen müssen. Zudem hat die Verwaltung interkulturelle Kompetenz laut Gesetzentwurf künftig bei allen Beschäftigten durch Qualifizierungsmaßnahmen zu fördern - nicht nur bei denen mit Migrationshintergrund.

Von diesen - in vielen öffentlichen Verwaltungen längst praktizierten - Regelungen abgesehen, besteht der Integrationsgesetzentwurf vornehmlich aus Änderungen anderer Gesetze. Mit denen soll vor allem die Beteiligung von MigrantInnen an öffentlichen Beratungsgremien wie etwa in denen der Senioren- oder der Sportpolitik sichergestellt werden.

Als erstes Bundesland will Berlin damit Integration per Gesetz festschreiben und so die gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe von MigrantInnen sicherstellen. Juristisch einklagbar wird die jedoch nicht: Auf klare Vorgaben wie etwa Quoten von Beschäftigten mit Migrationshintergrund wurde verzichtet. Die seien "verfassungsrechtlich nicht möglich", so eine Sprecherin der Senatorin für Integration Carola Blum (Linke).

Auch ohne Quoten hält Safter Cinar, Sprecher des Türkischen Bundes Berlin-Brandenburg und Gewerkschaftsvertreter im Landesbeirat für Integration, von dem der Anstoß zu dem Gesetz kam, den vorliegenden Gesetzentwurf für "grundsätzlich begrüßenswert". Die geplanten Maßnahmen zur Steigerung des Migrantenanteils im öffentlichen Dienst müssten aber "noch präzisiert werden". "Als Einstieg gut" findet das Gesetz auch Ülker Radziwill, Abgeordnete und Vorsitzende der AG Migration der Berliner SPD. Sie erwarte nun einen "offen und ehrlich geführten öffentlichen Anhörungsprozess", bei dem "Anregungen auch aufgenommen werden".

Kritik kommt von den Grünen: Vieles, was in dem Gesetz stehe, werde in der öffentlichen Verwaltung bereits praktiziert, so Canan Bayram, integrationspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion: "Ich wüsste gerne, warum der Senat meint, ein Gesetz zur Durchsetzung dieser Regelungen zu brauchen." Das Gesetz wirke sich praktisch nicht aus, so die Grüne.

Bis zum 6. Juli haben nun zuerst die Migrantenverbände Zeit, Stellungnahmen abzugeben. Ihre Änderungsvorschläge müssten dann "eingearbeitet oder begründet abgelehnt" werden, so Piening. Bis Jahresende soll das Gesetz beschlossen sein.

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