Serienkolumne Die Couchreporter: Eine Sitcom, so komisch wie selten

In „Hashoter Hatov“ stecken gute Beobachtungen zu Berufsalltag und Familienleben. Dazu lernt man einiges über das Leben in Israel.

Landschaft Israels

Erzählt auch vom Leben in Israel: die Serie „Hashoter Hatov“ Foto: unsplash/ Robert Bye

Familien sind Fluch und Segen, sind Sehnsucht und böses Erwachen. In der israelischen Sitcom „Hashoter Hatov – Ein guter Polizist“ gibt es gleich zwei davon, mindestens. Eine ist die leibliche, ziemlich missratene Sippe von Streifenpolizist Danny Confino mit zerstrittenen Eltern und zwei vergaunerten Brüdern.

Die andere ist das Polizeirevier im Großraum Tel Aviv, das Confino am Laufen hält. Denn der eigentliche Chef Rabi ist vollauf damit beschäftigt, auf dem Karriereweg zum Polizeipräsidenten keinen Makel in seiner Personalakte zu hinterlassen – und neue Handcremes auszuprobieren: Er schmiert seine Hände beständig in Unschuld, klar.

Danny Confino ist ein guter Mensch und ein sehr guter, oft sogar überengagierter Cop. Eines der eher konventionellen Elemente, aus denen die Serie ihre Komik zieht, sind Dannys jähzornige Übergriffe, die Panik, die diese bei seinem karrieristischen Chef Rabi auslösen – nicht wegen der Leidtragenden natürlich – und die anschließende Belobigung von oben für Confinos unkonventionelle, aber erfolgreiche Methoden: Belobigungen, die sich selbstverständlich sofort wieder Rabi ans Revers steckt. „Ein guter Polizist“ ist eben auch eine sehr gut beobachtete Büro-, Hierarchie-, und Betriebsschweinereien-Sitcom.

Als Polizeiserie kommt Ha­shoter Hatov ohne Gewaltverbrechen oder gar Tote aus. Die Fälle dienen dazu, israelische Realität abzubilden und Danny in Schwierigkeiten zu bringen; etwa wenn er Eierschmugglern aus den besetzten Gebieten auf der Spur ist und der Schmuggler – Achtung, Spoiler! – einer seiner Brüder ist. Womit wir bei Dannys eigentlicher Familie sind, der er durch einen Schicksalsschlag für sein mittleres Alter wieder ungewohnt nahe kommt.

Jenseits von Schwarz-Weiß

Als Danny nämlich in Episode 1 seine Freundin im gemeinsamen Heim romantisch überraschen will, kommt die mit ihrer Geliebten aus der Dusche. Und der gute Polizist, der aber eben auch ein schlecht verdienender ist, muss verletzt zurück zu seinen Eltern ziehen.

Die Dynamik, die dieses erzwungene Zusammenleben des hochmoralischen Danny insbesondere mit seinem zynischen Althippie-Patriarchen-Vater entfaltet, das schlägt an Radikalität und Witz alles, was jedenfalls ich so an modernen Familiensitcoms gesehen habe.

„Hashoter Hatov – Ein guter Polizist“: Israel, 2015, erste Staffel bei Netflix

So menschlich, so komisch, so berührend, so jenseits jeder Schwarz-Weiß-Malerei hier das Leben in Israel heute gezeigt wird, nimmt es Wunder, dass „Hashoter Hatov“ in Deutschland keine mediale Aufmerksamkeit gefunden hat: ganz im Gegensatz etwa zur sehr gut gemachten, aber problematischen Undercover-Agentenserie „Fauda“, für die auch sonst psychotischen Gewalt­orgien abholde Linke in den Baller-Binge-Watching-­Modus verfielen.

Ich war noch nie in Israel. Aber mir hat allein die Episode, in der Dannys arabisch-israelischer Kollege Razi vom Pferd getreten wird und sich hirngeschädigt in einen radikalen Siedler verwandelt, mehr über den sogenannten Nahostkonflikt erzählt als alle Staffeln von „Fauda“ zusammen.

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Geboren 1968 in München, seit 2008 Redakteur der taz. Er arbeitet im Ressort taz2: Gesellschaft&Medien und schreibt insbesondere über Italien, Bayern, Antike, Organisierte Kriminalität und Schöne Literatur.

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