Sexismus beim Bremer Eiswettfest: Das Eis wird dünner

Bremer Repräsentanten sollen dem Eiswettfest fernbleiben, solange es ein reiner Männerclub ist. Das fordern die Grünen.

Männer in Fracks sitzen im Congress Centrum in Bremen an runden Tischen.

Männer unter sich: Das Eiswettfest im Jahr 2018 im Bremer Congress Centrum Foto: dpa

BREMEN taz | Einen Gefallen, soviel wird nun deutlich, hat sich Eiswett-Präsident Patrick Wendisch mit seinem Interview in der Bild-Zeitung nicht getan: Bei dem „Gendergaga“, so sagte Wendisch noch am Samstag, machten er und sein Eiswett-Verein nicht mit. „Wir sind ein Herrenclub“ erklärte er, und dass nicht einmal der Papst eingeladen würde, wenn er eine Frau wäre. Volle Breitseite also, voll offensiv, voll Mittelalter.

Doch die Grünen schlagen nun mit einem Dringlichkeitsantrag zurück – und auch die SPD hängt sich mit rein: Die Diskussionen um einen Boykott des traditionsreichen Männerevents Eiswette durch Bremer Repräsentanten laufen.

Als sich Eiswett-Präses Wendisch so stürmisch in der Boulevard-Zeitung zitieren ließ, war die Empörung in Bremen bereits in vollem Gange. Denn der Herrenclub, der immer im Januar zu einer Spenden-Gala lädt, hat traditionell auch den Bremer Bürgermeister zu Gast.

Allerdings: Bremens Bürgermeister und Präsident des Senats, Carsten Sieling (SPD, Mann), war verhindert, weil er an der Beerdigung des ermordeten Danziger Bürgermeisters teilnahm. Wäre also Bremens Bürgermeisterin und Finanzsenatorin Karoline Linnert (Grüne, Frau) protokollarisch an seiner Statt gekommen. Doch die Herren wollten sie nicht – und luden stattdessen Bremerhavens Bürgermeister Melf Grantz (SPD, Mann) ein. Ein Affront gegen Linnert, ein Affront gegen den Bremer Senat, ein Affront gegen die Gleichstellung.

Einzig: Politische Konturen wurden dadurch klarer. Denn während CDU-Spitzenkandidat Carsten Meyer-Heder den Frauen-Ausschluss „okay“ fand, war die Linkspartei empört. Von SPD-Bürgermeister Sieling kam deutliche Kritik. Er lud am Montag den Eiswett-Präsidenten zum Gespräch. Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) zeigte sogar den Anstand, aus Protest gar nicht mehr an der Eiswette teilzunehmen.

Jedes Jahr im Januar lädt ein einflussreicher Bremer Herrenclub zum traditionellen „Eiswettfest“, bei dem gewettet wird, ob die Weser zufriert. Der Brauch wird seit 1828 gefeiert.

Auf der dazugehörigen Veranstaltung werden Spenden gesammelt, vor allem aber Netzwerke gepflegt und Geschäfte angebahnt.

Rund 800 Herren in Frack und Smoking sitzen zusammen, alles folgt festen Regeln. Frauen waren beim Eiswettfest noch nie zugelassen. Tradition ist aber auch, dass der Bürgermeister dabei ist.

Seinem Beispiel sollen nach dem Willen der Grünen nun grundsätzlich alle Repräsentanten des Bremer Senats, des Bremerhavener Magistrats und der Bürgerschaftspräsident folgen und „nicht mehr am Bremer Eiswettfest teilnehmen, bis der Verein den Ausschluss von Frauen aufhebt“.

Henrike Müller, geschlechterpolitische Sprecherin der Grünen, erklärte dazu: „In diesen Tagen ist klar geworden, dass das Eiswettfest eine zutiefst sexistische Veranstaltung ist.“ Müller bezog sich dabei auch auf die Gaga-Äußerungen des Eiswett-Präsidenten. Der Antrag der Grünen liegt nun beim Koalitionspartner SPD, der mitmachen müsste, damit die Initiative im Parlament landet.

Bei den Sozialdemokraten werde das nun erst diskutiert, erklärte SPD-Fraktionssprecher Matthias Koch. Einig sei man sich, dass bei den Repräsentanten Bremens der Gleichbehandlungsgrundsatz gelte. Ob die Sozis aber soweit mitgehen, das Fest komplett zu boykottieren bis es auch Frauen zulässt? Es sei die Frage, ob man dem Verein vorschreiben könne, wen er auf die Gästeliste setzt, sagte Koch.

Die Diskussionen darum stehen nun an. Denn auch die ebenso auf Tradition bedachte Bremer Handelskammer wird mit Janina Marahrens-Hashagen seit Montag erstmals von einer Frau geführt. Offiziell will sich die Kammer zu Angelegenheiten der „privaten Institution“ Eiswette nicht äußern. Bliebe alles wie es ist, wäre die neue Handelskammer-Präses allerdings nicht willkommen. Bürgermeister Sieling erklärte bereits: Er würde dann auch absagen.

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