Sexualität in Südafrika: Zumas Zöglinge wollen die Zwangspille

Die ANC-Jugendliga will Teenie-Schwangerschaften reduzieren und debattiert eine Verhütungspflicht. Die verbreitete sexuelle Gewalt an Kindern ist aber nicht Thema.

Pflicht für Zwölfjährige? Die Anti-Babypille. Bild: AllzweckJack / photocase.com

JOHANNESBURG taz | Geht es nach dem Willen der Jugendorganisation von Südafrikas Regierungspartei, wird die Anti-Baby-Pille schon für Zwölfjährige ein Muss. Jedenfalls will die Jugendliga des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) auf ihrem nächsten Kongress im Juni einen entsprechenden Vorschlag diskutieren. Er soll als Beitrag zur Reduzierung der hohen Schwangerschaftsraten unter südafrikanischen Teenagern verabschiedet werden.

Laut Gesetz haben Zwölfjährige bisher ein Recht auf Verhütungsmittel, aber nicht die Pflicht, sie zu verwenden. Kindern über zwölf Jahren dürfen Kondome nicht verweigert werden. Auch die Pille nicht, wenn eine medizinische Beratung über die Risiken bei der Verabreichung von Hormonen erfolgt ist. "Das Hauptproblem mit dem Vorschlag der Jugendliga ist die Forderung nach einer verbindlichen Einführung von Verhütung", sagt Paula Proudlock, Mitarbeiterin im Institut für Kinder an der Universität Kapstadt.

Die ANC-Jugendliga unter Führung ihres oft provozierenden Präsidenten Julius Malema will neben der Pillenpflicht ab 12 auch das Mindesalter für den Verkauf von Alkohol von 18 auf 21 Jahre heraufsetzen. Sie ist auch dafür, dass Kliniken junge Mädchen offener aufnehmen und beraten und nicht unfreundlich abweisen oder kritisieren, wie es häufig geschieht.

Sexdienste für finanzielle Unterstützung

Die soziale Situation von Kindern und insbesondere jungen Mädchen ist in Südafrika oft desolat. Sie sind nicht nur der Gefahr von sexueller Gewalt und Vergewaltigungen ausgesetzt, die in Südafrika häufiger vorkommen als irgendwo sonst auf der Welt, auch innerhalb der Familie. Oftmals leiten Teenager allein einen wegen Aids elternlosen, verarmten Haushalt oder sind finanziell abhängig von einem Mann, dem sie dann sexuell zu Diensten zu stehen haben.

Für Straßenkinder oder junge Prostituierte sei der Zugang zu Verhütungsmitteln und Kondomen tatsächlich ein hilfreicher Schutz gegen Krankheiten und Schwangerschaften, meint Proudlock. "Sie müssen zu einer Klinik gehen und sich untersuchen lassen, damit sie die Pille bekommen. Dabei kann die Krankenschwester sie beraten oder Sozialarbeiter einschalten, und somit ist ein wichtiger Kontakt hergestellt."

Von daher sei es eine gute Idee, den Zugang zu Verhütungsmitteln zu erleichtern. "Aber ein Vorschlag, der Verhütungsmittel für alle Mädchen über zwölf Jahre zwingend vorsieht, ist illegal. Regierung oder Schulen können Mädchen nicht verpflichten, die Pille oder eine Hormoninjektion zu nehmen." Das wäre eine Verletzung der körperlichen Unversehrtheit und der Gleichberechtigung, da es ja nur für Mädchen gelte.

Eine Pille verhüte zwar Schwangerschaften, nicht aber Geschlechtskrankheiten oder HIV, so die Expertin weiter. Im Gegenteil: "Wären alle Mädchen in diesem Alter zur Einnahme der Pille verpflichtet, würden die HIV-Raten steigen."

Laut Institut sind Teenager-Schwangerschaftsraten in Südafrika rückläufig. Allerdings gibt es wenig zuverlässige Daten dazu. Geburtenraten sinken, aber Schwangerschaften werden häufig abgebrochen. Südafrikas Erziehungsministerin Angie Motshekga hat eine Studie anfertigen lassen, die den Rückgang bestätigt. Dennoch sei die hohe Zahl ungewollter Schwangerschaften bei Teenagern ein ernstes Problem, sagt Motshekga.

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