Showdown in der Union: Mutmacher gesucht

Teilnehmer der Krisensitzung des CDU-Vorstands versuchen, sich optimistisch zu geben. Wie es mit der CSU weitergehen soll, bleibt aber ein Rätsel.

Angela Merkel hinter einem Autofenster

Wohin des Weges? Angela Merkel fährt zur CDU-Vorstandssitzung am Montag Foto: dpa

BERLIN taz | Paul Ziemiak hat es eilig, pünktlich zum Parteivorstand zu kommen. Der Chef der Jungen Union hat sich in letzter Zeit nicht unbedingt als Unterstützer seiner Parteivorsitzenden hervorgetan, er wird dem Flügel der Merkel-KritikerInnen um Gesundheitsminister Jens Spahn zugerechnet. Vor dem Konrad-Adenauer-Haus, der CDU-Zentrale in Berlin, spricht er davon, dass die Union jetzt zusammenstehen müsse. Auf Nachfrage, ob er Team Seehofer oder Team Merkel sei, winkt Ziemiak ab: Er halte von derlei Zuschreibungen nichts, sagt er, jetzt heiße es, zusammenzustehen.

Abseits der Kameras klingt er schon weniger optimistisch. „Klar, das ist kein einfacher Tag heute“, sagt der JU-Chef, er hoffe, dass die Union besser aus dieser Woche herausgehen werde, als sie heute hineinginge. Wenn Angela Merkel zwei Wochen Zeit brauche, um in Europa für flüchtlingspolitische Lösungen zu arbeiten, sollte sie die auch bekommen. „Es ist wichtig, das jetzt zu versuchen.“

Es ist der Tag des großen Showdowns. Am Vormittag tagten die Parteispitzen von CDU und CSU – in getrennten Sitzungen. Die einen in Berlin, die anderen in München. Es geht um die künftige Flüchtlingspolitik – und um den Bestand der Bundesregierung. Ergebnisse sollen auf getrennten Pressekonferenzen am frühen Nachmittag bekannt gegeben werden.

Otto Wulff, Chef der Senioren-Union, erscheint um kurz vor 11 Uhr im kleinkarierten Sakko. Man müsse, sagt er mit Blick auf den Tag, in der Politik mit Optimismus operieren, sonst werde das nichts. Auf die Frage nach seinen Erwartungen an eine mögliche Einigung zwischen CDU und CSU schaut er vorsichtig lächelnd durch seine randlose Brille: „Ich mache mir selbst Mut.“

Niemand weiß, was werden soll

Wulffs Satz ist öfter zu hören, wenn man dieser Tage mit CDU-PolitikerInnen spricht. Keiner weiß so recht, was werden soll. Alle wollen, dass es am Ende irgendwie wieder gut wird in der Unionsfamilie. Aber nichts ist fraglicher als das. Selbst wenn am Ende dieses Montags, dieser Woche eine Einigung oder ein Aufschub stünde – der Riss zwischen CDU und CSU klafft dermaßen tief, dass kaum vorstellbar ist, wie die beiden Parteien in dieser Wahlperiode noch reibungslos miteinander arbeiten sollten.

Dass es überhaupt bis heute nur mit Hängen und Würgen funktioniert hat, grenzt an ein Wunder. Seit fast drei Jahren setzt es Trommelfeuer aus München. Das fing an mit dem CSU-Parteitag Ende 2015, bei dem Horst Seehofer die CDU-Vorsitzende auf offener Bühne für die gemeinsame Flüchtlingspolitik abgekanzelt und belehrt hatte. Und es hörte mit den gemeinsamen, „Zukunfstreffen“ genannten Therapiesitzungen im Wahlkampfjahr 2017 nicht auf.

Kaum war die Bundestagswahl gelaufen, kaum war das ernüchternde Ergebnis der Union verdaut, blies die CSU erneut zur Attacke. Ab jetzt wollte man den politischen Raum der AfD kapern. Mit Erfolg. Zwar stand die von Seehofer geforderte Obergrenze nicht im Koalitionsvertrag. Stattdessen aber kam er selbst als fleischgewordene Obergrenze als Bundesinnenminister nach Berlin. Seither setzte der neue „Heimat“-Minister seine Zersetzungsarbeit fort, stets angefeuert von seinen politischen Nachkommen.

Inzwischen scheint denkbar, dass Horst Seehofer in Kauf nehmen würde, sich für Scheuer, Söder und Dobrindt feuern zu lassen. Als eine Art Menschenopfer, mit dem die CSU daheim in Bayern in den Landtagswahlkampf zieht. Im politischen Berlin wird bereits gescherzt, Seehofer rechne in diesem Fall fest mit einem Denkmal vor der Münchner Staatskanzlei.

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