Sicherheitskonferenz in München: Feilschen unter Freunden

Zum ersten Mal trifft Merkel den US-Vizepräsidenten Mike Pence. Die Kanzlerin bleibt höflich – will aber nicht jede Forderung erfüllen.

Handschlag zwischen Merkel und Pence

Der us-amerikanische Vizepräsident und die Kanzlerin in München. Foto: dpa

MÜNCHEN taz | Freundlich in der Form, hart im Inhalt: So lief am Samstag Vormittag das erste Aufeinandertreffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Vertretern der neuen US-Regierung ab. Am zweiten Tag der Münchner Sicherheitskonferenz sprach zunächst Merkel, unmittelbar darauf der amerikanische Vizepräsident Mike Pence. Im Streit um die Militärausgaben innerhalb der Nato pochten beide auf ihre Positionen – und schenkten sich dabei nichts.

Pence trat im Hotel Bayerischer Hof mit großem Selbstbewusstsein auf. „Unter der Führung von Präsident Trump werden wir ein starkes Amerika haben, stärker als je zuvor“, sagte Pence. „Präsident Trump ist überzeugt, dass wir militärische Stärke zeigen müssen, dass wir all jenen entgegentreten müssen, die unsere Freiheit und unseren Lebensstil bedrohen.“

Sichtbar wurde, dass für die neue US-Administration die Doktrin der militärischen Stärke im Mittelpunkt ihrer Außen- und Sicherheitspolitik steht. So kündigte Pence „signifikante Erhöhungen“ der ohnehin bereits exorbitant hohen US-Verteidigungsausgaben an. „Wenn wir den Willen verlieren, unseren Beitrag für unsere Verteidigung zu leisten, dann gefährden wir unser gemeinsames Erbe der Freiheit“, warnte er.

Das zielte auf die europäischen Nato-Partner. Mit Nachdruck trug Pence erneut die Forderung der USA nach höheren Militärausgaben der europäischen Verbündeten vor. Deren Versprechen, die Lasten besser zu teilen, sei zu lange unerfüllt geblieben. Die Nato-interne Vereinbarung, dass die Mitgliedsländer zwei Prozent ihrer Wirtschaftsleistung für die Verteidigung ausgeben sollten, müsste endlich umgesetzt werden. „Der Präsident erwartet, dass die Verbündeten ihr Wort halten“, sagte Trumps Vize.

Zuspitzung bleibt möglich

Wie schon Verteidigungsminister James Mattis legte Pence gleichzeitig ein Bekenntnis zur Nato ab. Auch Donald Trump stelle sie nicht infrage. „Im Namen des Präsidenten kann ich Ihnen versichern, dass die USA weiterhin standhaft die Nato unterstützen und zu ihren Verpflichtungen gegenüber dem transatlantischen Bündnis stehen“, sagte Pence. Welche Konsequenzen die USA ziehen werden, falls europäische Staaten der Zwei-Prozent-Forderung bei den Verteidigungsausgaben nicht nachkommen, ließ aber auch der Vizepräsident offen.

Dabei hatte Merkels Rede zuvor gezeigt, dass sich der Streit über die Militärausgaben durchaus zuspitzen könnte. Ohne Trump explizit zu erwähnen, machte die Kanzlerin zunächst deutlich, was sie ganz allgemein von dessen Politik hält: Nicht allzu viel. Der Westen sei in den internationalen Beziehungen bisher mit dem multilaterale Ansatz am besten gefahren, dabei solle es auch bleiben. „Lassen sie uns gemeinsam die Welt besser machen, dann wird es auch für jeden Einzelnen von uns besser“, sagte sie.

Dann kam Merkel auf die Zwei-Prozent-Forderung zu sprechen. Anders als Verteidigungsminister von der Leyen am Vortag bekannte sich die Kanzlerin nicht mit Nachdruck dazu, den Richtwert bis zum Jahr 2024 erreichen zu wollen.

„Wir werden alle Anstrengungen unternehmen, wir fühlen uns diesem Ziel verpflichtet“, sagte sie zwar. Allerdings sei es nicht möglich, die Verteidigungsausgaben ungebremst zu erhöhen. Im laufenden Jahr gebe die Bundesrepublik bereits acht Prozent mehr fürs Militär aus als noch 2016. Ein noch schnellerer Anstieg sei nicht möglich, „wenn sie aus den Ausgaben auch Fähigkeiten machen wollen“ – wenn die Mehrausgaben also auch effektiv eingesetzt werden sollen.

Entwicklungspolitik im Namen der Sicherheit

Ohnehin seien höhere Verteidigungsausgaben nicht alles. „Ich hoffe, dass wir nicht in eine kleinliche Diskussion kommen, wer nun militärischer ist“, sagte Merkel. Sicherheit sei „im umfassenden Sinne“ zu betrachten. Zum Beispiel trage auch Entwicklungshilfe dazu bei, Konflikten vorzubeugen. Deshalb dürften internationale Zahlungsvereinbarungen für die Entwicklungspolitik ebenfalls nicht vergessen werden.

Am Mittag trat dann Sigmar Gabriel in seiner neuen Funktion als Außenminister auf der Konferenz auf. Der SPD-Politiker formulierte noch klarer als Merkel, dass Deutschland das Zwei-Prozent-Ziel bis 2024 kaum einhalten werde. „Wir müssen aufpassen, dass wir nicht zurückfallen in eine Zeit, in der wir glaubten, ein mehr an Militärausgaben sei gleichbedeutend mit einem mehr an Sicherheit“, sagte er.

Ihm sei zwar klar, dass Deutschland in der Nato eine Zahlungsverpflichtung eingegangen sei. Um das Zwei-Prozent-Ziel zu erreichen, müsste die Bundesregierung die jährlichen Verteidigungsausgaben aber um rund 25 Milliarden Euro erhöhen. Das hält Gabriel für unrealistisch: Er wisse nicht, sagte der Außenminister ganz offen, „woher in kurzer Frist der mittlere zweistellige Milliardenbetrag herkommen soll“.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.