Sicherheitskosten bei Innenstadt-Events: Hamburg feiert weiter

Wer trägt bei Großveranstaltungen wie dem Hafengeburtstag oder dem Alstervergnügen die erhöhten Sicherheitskosten aufgrund von Terrorgefahr?

Eine bunt gekleidete Menschenmenge füllt eine Hamburger Straße.

Angreifbare Großveranstaltung: der Schlagermove Foto: dpa

HAMBURG taz | Fällt das Alstervergnügen ins Wasser, schifft der Hafengeburtstag ab, fallen diverse Stadtteilfeste in diesem Jahr aus – und alles wegen der Kosten für die Terrorabwehr? Aufgeregt drohen die Veranstalter diverser Hamburger Großevents mit der Absage zahlreicher Veranstaltungen, wenn die Stadt nicht die Kosten für Sperrpoller, Wassertanks und andere Hindernisse übernimmt. Sie sollen verhindern, dass sich Ereignisse wie auf dem Berliner Breitscheidplatz wiederholen, wo im Dezember 2016 ein Terrorist mit einem geraubten Sattelzug in eine Menschenmenge fuhr. Elf Besucher des dortigen Weihnachtsmarktes starben.

„Das Verhalten der Stadt ist sehr enttäuschend“, wirft etwa der Chef von „Ahoi-Events“, Roland Rotermund, speziell der Innenbehörde vor. Sie habe den Gesprächsfaden zu der Frage, ob Stadt oder Veranstalter die Kosten für solche Sicherheitsmaßnahmen tragen sollen, abreißen lassen.

Rotermund hatte bereits Ende Januar im Namen von sechs Veranstaltungsagenturen ein „Positionspapier“ an Innensenator Andy Grote (SPD) verschickt, das nahelegt, dass die Stadt die Kosten für sämtliche Terrorabwehrmaßnahmen bei öffentlichen Großveranstaltungen zu tragen habe.

Bislang habe man, sagt Rotermund, der auch eine Anwaltskanzlei betreibt, nur eine „Eingangsbestätigung“ von der Innenbehörde erhalten, aber kein Gesprächs- oder gar Kostenübernahmeangebot. Dabei hätte „ein Ergebnis längst vorliegen müssen“, da die Eventsaison im Mai beginnt. Um den Druck zu verstärken, drohen die Veranstalter nun über die Medien mit dem Ausfall zahlreicher Stadt-Partys, die Besuchermagneten sind und Touristen nach Hamburg locken.

Am 14. Juli 2016 fuhr der Attentäter Mohamed Lahouaiej Bouhlel in Nizza mit einem Lkw durch eine Menschenmenge. Mindestens 86 Personen wurden getötet und mehr als 400 zum Teil schwer verletzt.

Am 19. Dezember 2016 steuerte der islamistische Terrorist Anis Amri einen Sattelzug in den Weihnachtsmarkt auf dem Breitscheidplatz in Berlin. Elf Besucher starben, 55 wurden teilweise schwer verletzt.

„Wir antworten grundsätzlich nicht auf offene Briefe“, heißt es aus der Innenbehörde. Gleichzeitig betont Behörden-Sprecher Frank Reschreiter, dass natürlich „auf allen Ebenen zwischen Sicherheitsbehörden, den zuständigen Bezirken und den Veranstaltern Gespräche stattfänden, in die auch Innensenator Grote involviert sei. Dabei deutet sich nach Informationen dertaz ein Vier-Bausteine-Plan an, der die Veranstalter von zusätzlichen Sicherheits-Kosten weitgehend freihält.

Baustein eins: Die Stadt sorgt auf eigene Kosten für die Sicherheit im Umfeld der Veranstaltung. Baustein zwei: Nur die Kosten für die Sicherung des Veranstaltungsgeländes selber tragen die Veranstalter. Baustein drei: Dauer-Veranstaltungsgelände wie das Heiligengeistfeld bekommen eine „städtebauliche Lösung“, die die Stadt bezahlt: Feste Zufahrtshindernisse werden installiert. Baustein vier: Im Bezirk Mitte, wo die meisten Großveranstaltungen stattfinden, werden mehrere Dutzend mobile Sperren eingelagert, auf die die Veranstalter nach Bedarf kostenlos oder sehr kostengünstig zurückgreifen können.

Auch Rotermund sind diese Überlegungen zu Ohren gekommen. Und so räumt der Ahoi-Chef ein, dass alle ihm bekannten Großveranstaltungen munter weitergeplant werden, als gäbe es die Absage-Drohungen und den Kostenstreit um die Terrorabwehr nicht.

Einzige Ausnahme: das Alstervergnügen. Hier macht der Ausrichter, die RSW-Veranstaltungs-GmbH, ebenfalls die hohen Sicherheitskosten für das drohende Aus verantwortlich. Dabei übernahm die Stadt bereits im vergangenen Jahr 38.000 Euro Sicherheits-Kosten. Wie die taz erfuhr, sprang den Event-Managern jedoch ein Großsponsor ab. Ein hoher fünfstelliger Betrag fehlt nun in der Kalkulation für die Party-Meile. „Wir sind im Gespräch“, sagt Sorina Weiland, Sprecherin des für die Genehmigung zuständigen Bezirksamtes Mitte: „Ich vermute, hier ist noch nichts definitiv entschieden.“

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