Sicherheitslage in Afghanistan : Sieben Übergangszonen

Sieben Gebiete gehen in die Verantwortung der einheimischen Sicherheitskräfte über. Viele Afghanen sehen dies mit Sorge. Ein Überblick.

Gehen bald getrennte Wege: afghanisches Mädchen und US-Soldat. Bild: AP

Bamian: Ruhige Provinz in Zentralafghanistan mit homogener Bevölkerung (schiitische Hasara) und minimaler Talibanaktivität. Zentrum ist fest unter Kontrolle der Warlord-Fraktion von Vizepräsident Abdul Karim Khalili; Subkommandeure in abgelegenen Distrikten sind de facto unabhängig. Weite Unzufriedenheit der Bevölkerung mit Vernachlässigung durch Kabul ("Warum bekommen nur Provinzen Projekte, in denen die Taliban aktiv sind?") - ein Resultat von Wiederaufbau als Aufstandsbekämpfung.

Pandschir: Hochburg der ehemaligen Anti-Taliban-Nordallianz, sehr konservatives tadschikisches Hochgebirgstal nördlich von Kabul. Kaum Talibanaktivitäten. Örtliche Machthaber, zum Teil mit offiziellen Ämtern in Kabul (darunter ein weiterer Vizepräsident, der vormalige Verteidigungsminister Muhammad Qasem Fahim), widersetzten sich nach 2001 aktiv Entwaffnungsprogrammen. Immer noch gut bewaffnet, schwunghafter Handel mit Milizen auf allen Seiten. Da keine Angriffe auf Amerikaner, einziges rein ziviles PRT (Regionales Wiederaufbauteam) in ganz Afghanistan.

Kabul: (ohne Stadtgebiet und Distrikt Sarobi): Sehr unterschiedliche Sicherheitslage, von schwacher bis starker Aufstandstätigkeit je nach Distrikt. Nördlich der Hauptstadt, mit größtem US-Stützpunkt in Bagram, vor allem Aktivität krimineller Netzwerke, zum Teil mit Protektion durch Regierungs- und Parlamentsmitglieder. Tschahrasjab im Süden war Hochburg des Taliban-Rivalen Gulbuddin Hekmatyar (Islamische Partei, bekämpft ebenfalls Kabuler Regierung und Nato-Truppen).

Masar-i-Scharif-Stadt: Relativ ruhig, weil wirtschaftlich und politisch fest im Griff des Gouverneurs und früheren Mudschaheddin-Kommandeurs Muhammad Atta Nur. Konflikt mit usbekischem Rivalen Abdul Raschid Dostum zugunsten Attas entschieden, kann aber wieder aufbrechen. Gouverneur lässt keine alternativen Stimmen zu, Medienlandschaft und Zivilgesellschaft ruhiggestellt. Noch schwache Talibanaktivitäten in Paschtunen-Distrikten südlich der Stadt, mit seltenen Anschlägen in Masar. Bei gewalttätiger Demonstration im April acht UN-Mitarbeiter ermordet.

Herat-Stadt: Wirtschaftlich florierende Stadt mit gemischter Bevölkerung - sunnitische Tadschiken und Paschtunen, schiitische Hazara, aber ohne nennenswerte religiöse Konflikte. Trotzdem zunehmender sozialer Konservatismus, auch durch Einfluss Irans und in Ministeramt nach Kabul weggelobten örtlichen Warlord Ismail Khan. Zunehmende Aufständischen- und kriminelle Aktivität in umliegenden Distrikten. Ende Mai griffen Taliban das dortige italienische PRT an.

Laschkargah: Durch Drogenwirtschaft florierende Kleinstadt in der paschtunischen Südprovinz Helmand, der größten zusammenhängenden Opiumanbauzone der Welt. Provinzgouverneur Gulab Mangal relativ effektiv, wird aber von Karsai unterminiert, der Vorgänger, den als Drogenhändler bekannten Scher Muhammad Achundsade, wieder einsetzen will. Abzug britischer und US-Truppen wird Drogenwirtschaft wieder offener zu Tage treten lassen.

Mehtarlam: Kleinstadt, einziges städtisches Zentrum in der nordöstlichen, mehrheitlich von Paschtunen bewohnten Provinz Laghman und Provinzhauptstadt. Weil in der Region mit üppiger Vegetation die Aufständischen sehr aktiv sind, wurde vor der Übergabe der Sicherheitsverantwortung der Bezirk Mehtarlam in einen städtischen und einen ländlichen Bereich geteilt. Nur erster ist zunächst von der Übergabe betroffen.

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