Sigmar Gabriel und Thilo Sarrazin: Zwei Fälle für die Respektrente

Der tragisch-komische Gabriel wird in die Deutsche Bank verschoben, damit er die Klappe hält. Aber das ging doch damals schon bei Sarrazin schief!

Sigmar Gabriel am Renderpult

Die SPD hat die Respektrente erfunden – und nun mit Gabriel den ersten Selbstabholer Foto: dpa

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?

Friedrich Küppersbusch: MAD ermittelt gegen 550 Soldaten wegen Verdachts auf Rechtsextremismus.

Und was wird besser in dieser?

Äh … Wehrpflicht? Mal wieder versuchen?

Sigmar Gabriel twitterte, Deutschland sei nie Kolonialstaat gewesen. Jetzt wird er Aufsichtsrat der Deutschen Bank. Wäre Ihnen jemand Besseres eingefallen?

Das Konzept „Bankjob als Schweigekloster für Spezialdemokraten“ scheiterte bereits bei der Einlieferung Thilo Sarrazins in den Vorstand der Bundesbank. „Mit Blick auf die öffentliche Diskussion“ trennte man sich bald wieder – die kühnen Hoffnungen, Sarrazin möge als Banker seinen Rassebass für sich im Kämmerlein zupfen, hatte getrogen.

Nun der tragisch-komische Gabriel; ein Mensch mit der Unfähigkeit, die eigenen Erfolge zu spüren und es auch mal beim Erreichten bewenden zu lassen. Sprachdurchfall bei Deutsche-Bank-Managern kann teuer werden, zwei Interview-Sätze des Ex-Vorstands Breuer über den vermeintlich maroden Kirch-Konzern kosteten die Bank 925 Millionen Euro. Da liegt die Latte, Siggi!

Der Twitter-Unfall mag letzte Mahnung sein. Hier wollte er loben, dass Deutschland sich durch Zurückhaltung als weißer Ritter im Libyenkrieg empfohlen habe. Wie er diesen richtigen wie simplen Gedanken so raussprudelt, dass alles falsch ist, imponiert. Deutschland war nie Kolonialmacht – in Libyen. Allerdings wütete Rommels Afrikakorps ein paarmal hindurch, nachdem es Hitler-Kumpel Mussolini besetzt hatte. Ansonsten war Deutschland 1914 drittgrößte Kolonialmacht der Welt nach Fläche – und beteiligte sich 2011 mit über 100 SoldatInnen an der Luftkriegsführung in Libyen. Pardauz. Sagen wir mal so: Die SPD hat die Respektrente erfunden und nun mit Gabriel den ersten Selbstabholer.

Angela Merkel plädierte beim Weltwirtschaftsforum in Davos für Gespräche mit Andersdenkenden. Ein Wink in Richtung Robert Habeck, der Donald Trump nach seiner Rede als Feind bezeichnete?

Die Klimafrage scheint das merkelste aller Themen. War schon früher ihr Generalbass: „Es sieht nicht gut aus, kümmern Sie sich um Ihr Leben, ich mach den Rest“, dröhnt diese typische Neujahrsansprache Merkels nun global und endzeitlich. Dabei brilliert sie inzwischen mit feinen Frechheiten wie „Wir sind nicht welche von der Sorte, die den ganzen Tag darüber reden, was bei uns super läuft“.

Feiner kann man Trump nicht filetieren – gröber schon. Habeck nennt Trump „einen politischen Gegner“, Kramp-Karrenbauer darauf Habecks Worte „schädlich“, und wenn man beides voneinander abzieht, bleibt unterm Strich Merkels süffisantes Lächeln. Nur – lächelnd vor die Wand ist auch bum, kaputt.

Australien brennt noch immer, ostafrikanischen Ländern droht wegen Heuschrecken eine Hungersnot. Was muss noch passieren, damit alle den Klimawandel ernst nehmen?

Nichts. Das Klima nimmt uns ernst.

Am Coronavirus sind in China schon dutzende Menschen gestorben, mittlerweile gibt es auch Fälle in den USA, Japan und Frankreich. Tragen Sie schon Atemschutzmaske?

Mein Bonusgrusel ist die totalitäre Radikalität, mit der das autoritäre China Städte abriegelt, Menschen zu Tausenden verkäfigt und scheinbar ideale Werkzeuge für die dramatische Lage hat – eher als eine liberale Demokratie. Das Virus soll von einem Tiermarkt übergesprungen sein – auf einen Tiermarkt.

Die SPD darf den Rassisten Thilo Sarrazin doch ausschließen. Das bestätigte die Schiedskommission der Berliner Landes-SPD. Ein Schritt in Richtung Erneuerung?

Glaube nicht, dass Sarrazin sich erneuert. Er will „bis zum Lebensende in der SPD bleiben“. Wessen Lebensende?

Laut einer Oxfam-Studie leisten Frauen und Mädchen weltweit täglich über zwölf Milliarden Stunden unbezahlte Arbeit. Braucht es verpflichtende Hausarbeit für Männer?

Geeenau. Die Zahlen erschlagen, doch wenn’s klein daherkommt, kann man was machen: Elternzeit verpflichtend für beide, Jungs früher und mehr mit Chancen auf erfülltes Leben jenseits des Jobs vertraut machen. Renten angleichen! Vor der eigenen Haustür kehren ist auch Familienarbeit.

Letztes Jahr witzelte Annegret Kramp-Karrenbauer beim Karneval über intergeschlechtliche Menschen. Dieses Jahr tritt sie gar nicht erst auf. Gut so?

Mächtiges Buff-Täää für „Die Rebläuse“ im ebenfalls sehr saarländischen Kleinblittersdorf. Sie wählten Heike II und Ute I zu ihrem Prinzessinnenpaar. Fasching im Südwesten ist nicht nur Putzfrau Gretel.

Und was machen die Borussen?

Die Uhr tickt, bis die ersten Neugeborenen in Dortmund „Erling“ getauft werden. Oder, das bietet der neue Prinz im zweiten Vornamen an: „Braut“.

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Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

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