Silizium für neue Solaranlagen: Geklonte Kristalle statt Drahtsäge

Ein neues Verfahren könnte die Herstellung von Solarzellen revolutionieren. Forscher wollen künftig hauchdünne Kristalle züchten.

silizium ungeschnitten

Silizium, hier ganz roh und ungeschnitten Foto: imago/Jürgen Schwarz Solarworld

BERLIN taz | Aus Sicht der Fertigungstechnik ist es eine Revolution: Bislang wurden die dünnen Siliziumscheiben, aus denen Solarzellen bestehen, mittels Drahtsäge aus Blöcken geschnitten. Nun hat das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) in Freiburg eine Technik zur Industriereife gebracht, die es ermöglicht, die Kristallplättchen direkt in der gewünschten Dicke zu züchten. Das aufwendige Sägen könnte also bald Geschichte sein.

Die Siliziumscheiben sind ein flächendeckender Bestandteil der Solarmodule und geben diesen die oft bläulich kristallglitzernde Farbe. Ihre Fertigung ist sehr aufwendig und für rund 40 Prozent der Kosten eines Solarmoduls verantwortlich: Man schmilzt Silizium, um kristalline Blöcke zu züchten, die man dann in hauchdünne Scheiben von 160 bis 180 Mikrometer Dicke, genannt Wafer, zersägt. Der große Nachteil: Fast die Hälfte des energieaufwendig produzierten Siliziumkristalls wird dabei zu Sägestaub.

Der Versuch, die Siliziumscheiben direkt ausreichend dünn zu produzieren, scheiterte bislang an der Qualität der Kristalle – diese bestimmt die Energieausbeute. Nun vermeldet das ISE den Durchbruch: Es gelinge jetzt, das Silizium aus einem Gas auf einem Saatkristall abzuscheiden. Dabei orientiert sich das Kristallgefüge an der Struktur der Unterlage – Epitaxie nennt man das in der Kristallografie. Die Schicht kann dann ohne Sägeverlust abgelöst werden.

„Wir klonen quasi Siliziumkristalle“, sagt Physiker Stefan Reber. Er war zuvor Abteilungsleiter am ISE und ist nun Firmenchef der NexWafe GmbH, die in Freiburg gerade eine Pilotfertigung aufbaut, um die neue Technik kommerziell zu nutzen. Die Pilotfertigung soll künftig einen Wafer pro Sekunde schaffen, die Jahreskapazität der Anlage soll bei 5 Megawatt liegen. Mitte des Jahres soll die Produktion starten. Zugleich ist eine größere Fabrik mit einer Kapazität zwischen 200 und 500 Megawatt bereits in Planung.

Energieeinsparung soll bei rund der Hälfte liegen

Am Markt erfolgreich sein kann die neue Technik natürlich nur, wenn sie mit dem Sägeverfahren wirtschaftlich konkurrieren kann. Rebers Optimismus speist sich vor allem aus der Energieeinsparung, die bei rund der Hälfte liegen soll. Sie resultiert vor allem aus dem vermiedenen Sägeverlust.

Zugleich geht Reber davon aus, dass die Stromausbeute der Solarzellen „sogar eher noch einen Tick besser sein“ werde, weil man mit dem neuen Verfahren die Kristalle mit geringeren materialspezifischen Toleranzen fertigen könne als bisher. Das ISE nennt die neue Technik, die eine Preissenkung der Solarmodule um 20 Prozent bringen soll, „bahnbrechend“.

Da in der krisengeschüttelten deutschen Solarwirtschaft keine Firma die neue Technologie aufgriff, soll nun ein Start-up die Erfindung industriell verwerten. Entsprechende Risikokapitalgeber aus dem Ausland haben sich bereits gefunden. Daneben ist auch die Fraunhofer-Gesellschaft als Gesellschafter mit an Bord.

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