Singen ohne Sicherheiten: Das alte Liedchen vom Tarif

Die Staatsoper warnt vor einem Qualitätsverlust. Der Grund sind Tarifsteigerungen, die ihr der SPD-geführte Senat nur zu einem kleinen Teil finanziert

Bald nur noch als Bühnenbild: (Kultur-)Metropole Hamburg Bild: dpa

HAMBURG taz | Bald gibt es eine schöne Premiere an Hamburgs Staatsoper: „Fürst Igor“ von Alexander Borodin. Das ist nicht nur deshalb schön (und selten), weil sie auf einem mittelalterlichen russischen Epos fußt. Sondern auch, weil der russische Fürst, der 1185 erfolglos gegen die Polowzer zog, alsbald aus deren Gefangenschaft entkommen konnte.

Aus der Gefangenschaft des Geldes will – allerdings im nicht ganz so dramatischen Sinn – auch die Oper entkommen, und bisher sieht sie wenig Chancen. Zwar dräuen ihr keine expliziten Subventionskürzungen im Haushalt für 2013/ 14, der heute erstmals im Kulturausschuss beraten wird, bevor im Dezember die Bürgerschaft darüber entscheidet.

Dafür wird aber an einer anderen empfindlichen Stelle gekürzt, die zunächst eher unauffällig wirkt: bei den Tarifsteigerungen – jenen Gehaltserhöhungen, die der Staat den öffentlichen Bediensteten aller Sparten zusagt, um hernach zu verkünden, dass er den Institutionen nur einen Teil davon ersetzt. Der Oper zum Beispiel erstattet er derzeit Tariferhöhungen von 1,5 Prozent. Das stört solange nicht, wie die Tarifsteigerungen genau bei jenen 1,5 Prozent liegen – was sie in der vorigen Spielzeit taten.

Die jüngsten, bis 2014 gültigen Tarifsteigerungen belaufen sich aber auf 6,3 Prozent, und da wird die Sorge schon größer. „Da werden uns“, sagt Opern-Geschäftsführer Detlef Meierjohann, „zwei bis 2,5 Millionen jährlich fehlen.“ Und das könnte schwierig werden.

Denn die Oper mit einem Gesamtbudget von 62 Millionen Euro bekommt zwar Subventionen von 46,2 Millionen. Fürs Personal zahlt sie aber alleine schon 48 Millionen; die Differenz muss das Haus selbst erwirtschaften. Wie das „Tarifaufwachsen“ zusätzlich zu finanzieren ist, weiß Meierjohann deshalb noch nicht, und die Möglichkeiten sind begrenzt: „Wenn wir weniger Vorstellungen geben, nehmen wir auch weniger ein, erwirtschaften also weniger. Das wäre ein unguter Kreislauf.“

Bleibt die zweite Option: weniger aufwändige Werke zu spielen, weniger anspruchsvolle auch, womit die Oper „einen massiven Qualitätsverlust erleiden könnte“, sagt Meierjohann. Ein Problem, auf das jüngst auch John Neumeier, Chef des der Oper angegliederten Balletts hingewiesen hatte. Auch dies werde dann nicht mehr international wettbewerbsfähig sein, sondern nur noch Mittelmaß produzieren. Ähnliches könnte der Oper dräuen.

Dass das alles nicht nur die oberen Zehntausend betrifft, weiß Meierjohann sehr genau: Nicht nur, dass Opernkarten schon ab zehn Euro zu haben sind: „Diese Plätze sind auch immer als erste ausverkauft.“ Zudem kämen von den 400.000 Besuchern pro Spielzeit 85 Prozent aus dem norddeutschen Raum. „Und das können schon rein statistisch nicht nur die Reichen sein“, sagt Meierjohann.

Im Übrigen, sagt er noch, genüge es, in der Opernpause mal durchs Foyer zu schlendern. „Da wird man sehen, dass Menschen aus allen Schichten zu uns kommen“, sagt Meierjohann.

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