Sipri hat neuen Direktor: Diplomat mit Nahost-Expertise
Das Stockholmer Institut für Friedensforschung hat einen neuen Leiter: Der Ägypter Karim Haggag übernimmt in einer schwierigen Zeit.
Die bis dahin gesammelten Meriten des Ägypters sind zahlreich und verteilen sich über mehrere Karrieren. Zu Sipri kommt er nun von der Amerikanischen Universität in Kairo, wo er zu den Bereichen Rüstungskontrolle, internationale und regionale Sicherheit, militärische Gewalt als politisches Instrument sowie Konfliktmanagement und -lösung lehrte.
So zählt es der neue Arbeitgeber selbst auf, und es klingt schon fast wie eine Liste der Sipri-Forschungsbereiche. Das Institut versorgt seit 1966 Menschen aus Politik, Wissenschaft und Medien weltweit mit Daten und Analysen zu Militär- und Rüstungsfragen. Und gerade in den vergangenen Jahren zeigen die Berichte aus Stockholm nur in eine Richtung: größer, weiter, mehr.
In die Ära von Haggags Vorgänger Dan Smith, der zwei Amtszeiten à fünf Jahre an der Spitze der Einrichtung stand, fiel nicht nur die wachsende sicherheitspolitische Instabilität. Der Friedensforscher habe die Forschungsagenda des Instituts erweitert, hob Sipri-Verwaltungsratschef Stefan Löfven zum Abschied hervor. Im Fokus stehen seitdem auch die Auswirkungen von neuen Technologien, soziokulturellen Entwicklungen und Umweltveränderungen auf Frieden und Sicherheit.
Erfahrung in Washington
Der nun angetretener Nachfolger von Smith bringt zusätzlich zu seiner wissenschaftlichen Laufbahn auch noch 25 Jahre Erfahrung als Top-Diplomat mit, das gehört nun zu den nicht nur von Sipri hervorgehobenen Bonus-Punkten. Mehr als zehn Jahre war Haggag demnach für Ägypten als Diplomat in Washington tätig. In seinem Fokus schon da: Rüstungskontrolle und nukleare Nichtverbreitungspolitik sowie der arabisch-israelische Friedensprozess.
Seine Kenntnisse seien nicht nur theoretischer Art, er habe eigene Erfahrung aus sensiblen Verhandlungen zwischen gegnerischen Parteien, hebt man in Stockholm hervor. Haggag ist, eine weitere seiner Tätigkeiten, auch als Berater für das Palästina-Israel-Programm des European Institute of Peace in Brüssel tätig.
Sipri-Verwaltungsratschef Löfven, einstiger schwedischer Ministerpräsident, freut sich „auf inspirierende Ideen“ durch die neue Führung, wie er bei der Bekanntgabe der Personalie mitgeteilt hatte. „Wir sind sicher, dass Karim Haggag die Fähigkeit, das Wissen und die Vision besitzt, um Sipri auf dem Weg zu seinem 60-jährigen Jubiläum und darüber hinaus zu leiten“, hieß es.
Haggag selbst nannte es „eine große Ehre, eine international respektierte Institution wie Sipri zu führen“. In einer Zeit globaler Instabilität und erhöhter Risiken sei dessen Rolle so wichtig wie nie. Er betonte die Bedeutung von verlässlichen, unabhängigen Daten und wissenschaftlich basierter Analyse.
Haggag ist der zehnte Direktor des Instituts, das einst gegründet wurde, um die ungewöhnlich lange Friedensgeschichte Schwedens zu würdigen. Die Forschung soll, so der Gründungsauftrag, zu einem besseren Verständnis für die Voraussetzungen eines stabilen Friedens führen. Der Vorschlag kam 1964 vom damaligen Ministerpräsident Tage Erlander, konkretisiert und beschlossen wurde das Projekt durch eine eigene Kommission und das schwedische Parlament.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Diskussion um Wehrdienst
Doppelte Solidarität
Präsidentin der UN-Vollversammlung
Baerbocks bizarre Ämterrochade
Eröffnung der Automesse IAA
Bühne frei für Benzin und Diesel
Shitstorm um Autorin Caroline Wahl
Lasst die Frau Ferrari fahren!
Buch über Erfolg der Nazi-Ideologie
Die Lust am Hass bleibt
Historikerin über rechte Körperpolitik
Die Fantasie vom schönen Volk