Skandal im Finanzsektor: Die Willkür des Kapitals

Aufsichtsbehörden in Asien, den USA und Europa ermitteln gegen Wechselkursbetrug. Banken sollen weltweit Devisenkurse manipuliert haben.

Wenn das Kapital global hinkt, ist ein grundlegender Wechsel fällig. Bild: reuters

BERLIN taz | Die weltweite Finanzindustrie steht kurz davor, dass ein neuer Betrugsskandal offenbart wird. Ermittler in Asien, den USA und Europa untersuchen, ob Händler von Großbanken Devisenkurse zu ihren Gunsten manipuliert haben.

Der Devisenmarkt ist mit Transaktionen von rund 5,3 Billionen Dollar am Tag das weltweit größte Finanzmarktsegment. Damit dürfte jeder Marktteilnehmer geschädigt worden sein, der Währungen tauscht – von Großkonzernen über Fondsgesellschaften bis hin zum Urlauber.

Bekannt war bisher, dass Banken die Zinssätze Libor und Euribor beeinflusst haben. Unter Manipulationsverdacht stehen auch der für Großinvestoren wichtige Referenzzins-Indikator Isdafix sowie die Preisfindung auf den Goldmärkten.

Wichtigster Referenzkurs im Devisenhandel ist das „WM/Reuters“-Fixing. In London legt der private Informationsanbieter Thomson Reuters damit die Kurse fest. Amtliche Devisenfixings sind in Deutschland 1998 abgeschafft worden. Für viele Kunden ist es am einfachsten, zum Fixingkurs zu handeln. Deshalb geben sie entsprechende Kauf- oder Verkaufsorder an ihre Banken. Deren Mitarbeiter können dadurch voraussehen, wie sich der Markt entwickeln wird. Diese Insiderinformationen haben sie offenbar für illegale Eigengeschäfte genutzt - und so Währungskurse zu ihren Gunsten steigen oder fallen lassen. Verluste zahlen die Kunden.

Sollten auch die Devisenkurse manipuliert worden sein, stünde damit der größte Teil der globalen Finanzmärkte in Betrugsverdacht. Die aktuellen Ermittlungen drehen sich konkret um das Londoner Währungsfixing, bei dem täglich zwischen 15:59:30 Uhr bis 16:00:30 Uhr innerhalb nur einer Minute weltweit beachtete Referenzkurse für Währungspaare, wie das Euro-zu-Dollar-Verhältnis, festgelegt werden.

Durch illegales Ausnutzen von Insiderinformationen und manipulative Eigengeschäfte sollen Devisenhändler Kurse zu ihren Gunsten in die Höhe getrieben oder gesenkt haben, vermuten Ermittler.

Manipulation nur ein schlechter Witz

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) bestätigte gegenüber der taz erste Ermittlungen. „Wir schauen uns auch diesen Markt an“, so Sprecher Ben Fischer. Allerdings habe die Aufsichtsbehörde „bislang keine Informationen, nach denen Händler einer deutschen Bank in Manipulationen involviert waren“, wiegelt Bafin-Chef Raimund Röseler ab.

Entlastet wird damit in erster Linie die Deutsche Bank. Das Institut ist neben der UBS aus der Schweiz, der britischen Barclays und der amerikanischen Citigroup ein Major Player auf den Devisenmärkten und wickelt 15 Prozent sämtlicher Währungsgeschäfte weltweit ab. Mindestens einer seiner Händler steht im Visier des FBI: In Chatrooms soll der Mann behauptet haben, er könne die Währungsmärkte beeinflussen.

Zwar kontert die Deutsche Bank, es handle sich um einen misslungenen Witz, trotzdem teilt sie mit, sie habe ihren Händlern den Austausch elektronischer Nachrichten mit Mitarbeitern anderer Banken bereits im Frühjahr untersagt. Dies gelte „weltweit“, so ein Sprecher.

Die Bundesregierung nimmt die Vorwürfe ernst. Sollten sich die Manipulationen der Devisenmärkte „bestätigen, könnte Anlass zu Anpassungen der Abläufe in diesem Marktsegment bestehen“, teilt das Bundesfinanzministerium mit. Allerdings stößt die Aufsichtsbehörde Bafin an ihre Grenzen: Noch haben die Beamten mit Sitz in Bonn keine offizielle Sonderprüfung eingeleitet.

Lediglich „Unterlagen“ seien bisher per „Auskunftsverlangen“ angefordert worden. Und die internationale Kooperation der Bankenkontrolleure könnte offenbar auch besser sein. „Wir sprechen mit Aufsichtsbehörden in der ganzen Welt“, so Bafin-Sprecher Fischer; allerdings gebe es „kein konzertiertes Vorgehen“.

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