Skandal im französischen Fußball: Eine demonstrative Säuberungsaktion

Ein „schwarzer Tag“, schreibt die größte Sportzeitung Frankreichs. An einem Tag wurden 15 Funktionäre von Fußballklubs festgenommen.

Nur das noch immer namenlose EM-Maskottchen lacht in Frankreich noch Bild: dpa

PARIS taz | Ein „merkwürdiger Zufall“ meint das Magazin Le Point. Am selben Tag wurden in zwei verschiedenen Ermittlungen der französischen Justiz insgesamt 15 Klubverantwortliche im Berufsfußball zur Befragung festgenommen. Das sieht doch sehr nach einem koordinierten Schlag und dem Willen zu einer Säuberungsaktion aus.

Mehrere der Betroffenen wurden zudem geradezu ostentativ um sechs Uhr in der Früh von der Polizei aus dem Bett geholt und abgeführt. Inzwischen wird unter Sportjournalisten in Frankreich gemunkelt, das sei längst fällig gewesen. Im Hinblick auf die EM 2016 habe Frankreich großes Interesse, vor der Fußballwelt als Veranstalter gut dazustehen.

Der Dienstag aber war nach Meinung von L’Equipe ein „schwarzer Tag für Frankreichs Fußball“. In Marseille sind der derzeitige Klubpräsident Vincent Labrune und sein Generaldirektor Philippe Perez sowie zwei seiner Vorgänger in der Leitung von Olympique de Marseille (OM), Pape Diouf und Jean-Claude Dassier, zur Befragung durch Untersuchungsrichter festgenommen worden.

Wie mehrere Spieler-Impresarios und Vermittler sollen sie zu dem dringenden Verdacht Stellung nehmen, dass in den vergangenen Jahren bei dubiosen Transaktionen anlässlich von Spielertransfers Schmiergelder geflossen sind. Darüber hinaus werden ebenfalls verdächtige Verbindungen zwischen OM und der Unterwelt untersucht.

Erpressung und Geldwäsche

Es braucht nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, dass angesichts der Millionen, die beim Klubwechsel von Spitzenspielern gezahlt werden (zum Beispiel kam OM-Torschütze André-Pierre Gignac offiziell für 18 Millionen Euro 2010 von Toulouse nach Marseille), neben den offiziellen Agenten auch diverse Mittelsmänner mitkassieren wollten.

Ob es sich um eine Form von Erpressung und um Geldwäsche handeln könnte und ob sich Klubverantwortliche sogar der „Bildung einer kriminellen Vereinigung“ schuldig gemacht haben, das müssen die Untersuchungsrichter herausfinden. Sie führen ihre Ermittlungen bereits seit Jahren. Die OM-Hauptaktionärin Margarita Louis-Dreyfus erklärte, sie habe volles Vertrauen zur Klubleitung, die im Interesse der „Wahrheit und Berufsethik“ mit der Justiz bei der Abklärung zusammenarbeite.

Zudem wurde ein zweites Ermittlungsverfahren am Dienstag publik. Der Zweitligaklub von Nîmes soll vergangene Saison versucht haben, einen positiven Ausgang von mehreren Matchs zu kaufen, um den drohenden Abstieg zu verhindern. Tatsächlich schaffte es Nîmes im letzten und entscheidenden Spiel gegen Caen mit einem Unentschieden, dem Abstieg zu entgehen.

Belastende Konversationen

Der allzu geschwätzige Vorsitzende von Nîmes Olympique ahnte nicht, dass seine Telefongespräche bereits abgehört wurden. Seine Konversationen mit dem Hauptaktionär des Klubs sowie mit Kollegen von Caen und anderen Teams sind sehr belastend. Wegen passiver Bestechung müssen sich wohl auch die Trainer oder Klubleiter von Caen, Dijon und Angers, verantworten.

Sollte sich der Korruptionsverdacht erhärten, wäre dies ein schwerer Schlag für das Image des französischen Fußballs, wo man solche Bestechungsskandale eher im Milieu der Wettbüros als auf dem Spielfeld vermutet und vor allem als Problem anderer Länder betrachtet hat.

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