Skandal in Spanien: Schwarzgeld befleckt Saubermann

Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy steckt in der Bredouille. Er und andere führende Politiker sollen jahrelang illegal Geld kassiert haben.

Demonstranten fordern den Rücktritt des Ministerpräsidenten. Bild: reuters

MADRID taz | „Lasst uns durch, wir sind gekommen, um zu kassieren“, riefen die Menschen am Donnerstagabend in vielen spanischen Städten. Sie hatten sich spontan vor den Parteibüros der Partido Popular (PP) des Konservativen Mariano Rajoy versammelt, weil die Zeitung El País am Morgen Dokumente veröffentlicht hatte, die auf einen schweren Korruptionsskandal hinweisen. Es handelt sich um die handschriftliche Buchführung mehrerer Jahre über Spenden an die PP und die Zahlung unversteuerter Zusatzgehälter an führende PPler.

Unter ihnen ist auch der heutige Regierungschef Rajoy, der mit über 25.000 Euro jährlich vermerkt ist. „Diebe, Diebe!“ und „Rücktritt!“, so hallten die Sprechchöre durch das nächtliche Madrid, wo über tausend Demonstranten von Polizeisperren abgehalten werden mussten, vor das PP-Hauptquartier zu ziehen.

Autor der Schwarzgeldbuchführung ist nach Meinung von Schriftexperten der ehemalige PP-Kassenwart Luis Bárcenas. Gegen ihn wird seit vier Jahren in verschiedenen Korruptionsfällen ermittelt. Zuletzt fanden die Ermittler Konten mit 22 Millionen Euro in der Schweiz. 10 Millionen davon brachte Bárcenas während einer von der Regierung Rajoy erlassenen Steueramnestie erfolgreich nach Spanien zurück. Ob es sich jetzt um privat veruntreutes Geld handelt oder um weiteres Schwarzgeld der PP, ist nicht klar.

Insgesamt flossen von 1990 bis 2008 laut El País 7,5 Millionen Euro. Die Gelder stammten laut den Dokumenten von zahlreichen Unternehmen – meist aus der Baubranche. Auch eine Lebensmittelkette ist dabei. 70 Prozent der Spenden hätten nach damaligem Recht nie angenommen werden dürfen, weil sie entweder die jährliche Höchstgrenze von 60.000 Euro pro Spender überstiegen oder weil sie von Firmen stammten, die für die Verwaltung arbeiteten.

Staatsanwalt will Verfahren eröffnen

Generalstaatsanwalt Eduardo Torres-Dulce erklärte am Donnerstag, dass er ein Verfahren eröffnen wolle. „Alle Personen, die unserer Ansicht nach etwas zur Untersuchung und Wahrheitsfindung beitragen können, werden vorgeladen“, bekräftigte er. Dies gelte auch für Rajoy. Dieser schweigt sich bisher aus. Er rief für Samstag eine Sondersitzung des PP-Vorstands ein. Spaniens Presse erwartet, dass er danach Stellung nimmt. Sollte er dies nicht tun, würde der Skandal Rajoys Besuch bei Bundeskanzlerin Merkel am Montag überschatten. Bei der dortigen gemeinsamen Pressekonferenz würden die Medien sonst sicher nach den Schwarzgeldern fragen.

Exschatzmeister Bárcenas leugnete in einem Kommuniqué die Schwarzgeldzahlungen ebenso wie Dolores de Cospedal, die Nummer 2 der PP. Doch kurz darauf musste Cospedal, die selbst zwei Zahlungen über 7.500 Euro erhalten haben soll, gestehen, dass einige Punkte der Dokumente zutreffen. Mehrere PP-Mitglieder hatten bestätigt, dass sie die vermerkten Beträge als Kredite von der Partei erhalten, sie aber zurückgezahlt hätten.

Während die sozialistische PSOE fordert, dass die Regierung im Parlament Stellung nimmt, verlangt die Vereinigte Linke Rajoys Rücktritt und Neuwahlen. Hinter alldem sieht Cospedal eine Verschwörung gegen die Regierung. Sie kündigte an, El País zu verklagen.

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