Skandal um umstrittene Muslim-Studie: Die Akten müssen raus

Innenminister Friedrich hat über die umstrittene Muslim-Studie die Unwahrheit gesagt. Aufklären mag er die Affäre nicht. Nun hat ein Journalist Akteneinsicht eingeklagt.

Hat nichts zu sagen, wenn es um die Muslim-Studie geht: Innenminister Friedrich. Bild: dpa

BERLIN taz | Sein wurschtiger Umgang mit einer Muslim-Studie, mit der er im Februar Schlagzeilen machte, hat für Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) ein Nachspiel. Im Fernsehen hatte Friedrich damals erklärt, die Studie über Integrationsbereitschaft muslimischer Bürger sei nicht aus seinem Haus an die Bild-Zeitung weitergereicht worden. Auch sein Staatssekretär Christoph Bergner wiederholte das vor dem Bundestag. Dabei hatte das Boulevardblatt sie exklusiv zitiert, als „Schock-Studie“ skandalisiert und sogar ein markiges Zitat des Ministers dafür eingeholt.

Wochenlang hielt das Ministerium an seiner Darstellung fest. Im April aber räumte Friedrich plötzlich kleinlaut ein, dass sie falsch war. Im Innenausschuss des Bundestags erklärte er am 25. April, die Studie sei doch von seiner Pressestelle an die Bild-Zeitung übermittelt worden – „zur Vorbereitung eines Interviews“, wie es nun hieß. Friedrich behauptete, nichts davon gewusst zu haben, und entschuldigte sich sogar für seine „Falschauskunft“, wie Teilnehmer der nichtöffentlichen Sitzung erzählten.

Damit betrachtet Friedrich die Angelegenheit als erledigt. „Dem ist nichts hinzuzufügen“, heißt es knapp in einer Antwort des Ministeriums auf eine kleine Anfrage der Linkspartei, die der taz vorliegt. Das Vorgehen der Bild-Zeitung möchte man nicht kommentieren: „Die Bundesregierung verweist auf die Pressefreiheit und bewertet die Arbeit der Presse nicht“. Auch wer genau für den Vorgang verantwortlich war, gibt das Ministerium nicht preis. Angeblich liegen darüber keine Unterlagen mehr vor, kein Schriftverkehr und keine Mails.

Der Journalist Tim Gerber mag das nicht glauben. „Darf man solche Mails einfach löschen?“, fragt er. Er hat nun Akteineinsicht beantragt – und beruft sich dabei auf das Informationsfreiheitsgesetz. Das Berliner Verwaltungsgericht hat dem Ministerium nun eine Frist gesetzt, um seinen E-Mail-Verkehr offenzulegen. Bis dahin bleiben die Gründe für Friedrichs „falsche Auskunft“ weiter im Dunkeln.

„Ins Gesicht gelogen“

Auch bei den Autoren der Studie, deren Ergebnisse von der Bild-Zeitung stark verzerrt wurden, hat sich noch niemand entschuldigt. Der Bremer Soziologie-Professor Klaus Boehnke ist noch immer empört: „Der Innenminister hat uns noch bei einem letzten Treffen im März ins Gesicht gelogen“. Seither hat sich das Ministerium, das die Studie einst in Auftrag gab, nicht mehr bei den Forschern gemeldet.

„Es ist eine Frechheit, dass der Innenminister eine öffentliche Entschuldigung für die Missstände in seinem Ministerium verweigert“, ärgert sich die integrationspolitische Sprecherin der Linkspartei, Sevim Dagdelen. Sie findet: „Reumütige Erklärungen des Ministers im nicht öffentlich tagenden Innenausschuss genügen da nicht.“

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