Smart Cameras auf der Photokina: Die Tamagotchis der Zehner-Jahre

Smart Cameras sind der neue Trend der Photomesse. Aber wie schlau sind die Hybride aus Handy und Digicam? Der große Kampf: Mensch vs. Maschine.

Effekt-Schnickschnack: Die taz.de-Redaktion im Comic-Modus. Bild: taz

BERLIN taz | Die Smart Camera ist das Knightrider-Auto unter den Fotoapparaten, denn die Samsung EX2F kommuniziert mit dem Besitzer: „Entfernen Sie den Objektivdeckel.“ Danke, die erste Hürde zum funktionierenden Fotomodus wäre damit schon einmal bewältigt.

Bevor es zum Fotografieren geht, zwingt das Gerät jedoch den Fotografen, einen Effekt zu wählen. Panorama, Bilderrahmen, Bild-in-Bild – aber auch das normale Fotografieren ist möglich, wenn man einen Bildmodus wählt. Am einfachsten: Portrait. Der erste Fotoversuch aus dem Fenster auf die Straße läuft jedoch nicht optimal. Die Knightrider-Kamera verbessert: „Kein Gesicht erkannt.“ Maschine gegen Mensch – 1:0.

Der Wechsel zum Effektmodus ist wie der Eintritt ins Spieleparadies. Kitschige Bilderrahmen und Fotoeffekte lassen das Gesicht als Mondspiegelung, auf Magazintiteln oder im Comic-Stil erscheinen. Die Pinseleffekte werden nicht nur als Foto dargestellt, sondern zu jedem Bild erstellt die Kamera ein Video, auf dem ein virtueller Pinsel das Bild nachzeichnet.

Eine schöne Spielerei. Aber die sehr begrenzten Auswahlmöglichkeiten von gerade einmal zehn Rahmen und drei Pinseleffekten langweilen schnell. Jedes Bildbeareitungsprogramm auf dem Computer hat mehr zu bieten. Trotz Spaßfaktor, gibt es also keinen Punkt für die Smart Camera.

Hightech im Vintagestyle

Im Effekt-Video malt ein virtueller Stift das Foto nach. Bild: taz

Trotz des Hightech- und Effekt-Schickschnacks soll das Gerät optisch retro wirken. Mit übergroßem Objektiv und falscher Lederoptik versuchen die Kameraneuheiten an analoge Großväter aus den 60ern zu erinnern. Silberfarbenes Plastik und knallbuntes Aluminium sind so 2006. Trotzdem: Alles Fake und Schein. Die alte Spiegelreflex war noch echte Handarbeit. Maschine gegen Mensch: 1:1

Die größte Neuheit, die die Smart Camera mitbringt, ist die direkte Verbindung zu Facebook, Youtube und Co. Sofort kann das Foto bearbeitet und hochgeladen werden. Die Kameras machen insgesamt bessere Fotos als iPhone und Co. Besonders in der Dunkelheit sind sie denen der Smartphones stark überlegen. Aber an die Profi-Spiegelreflex-Kameras reicht das Können der Mittelklasse-Modelle nicht heran. Punktlose Schlussrunde.

Wem die Spielereien die 500 Euro wert sind, darf sich gerne an der neuen Generation der Smart Cameras erfreuen. Die Smart Cameras sind die Tamagotchis der Zehner-Jahre: spielerisch, kitschig und kurzlebig. Nächstes Jahr zeigt die Fotomesse neue Alleskönner. Vielleicht dann mit Telefonfunktion.

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