Smog in Italien: Fahrverbote auf dem Stinkstiefel

Seit Monaten regnet es zwischen Rom und Mailand kaum noch. Die Feinstaubbelastung in den Städten ist so hoch, dass Autos stehen bleiben müssen.

Vermummter Radfahrer fährt über leere Kreuzung

In Mailand gilt von Montag bis Mittwoch ein Verbot für den privaten Fahrzeugverkehr. Foto: dpa

ROM taz | Blauer Himmel, strahlender Sonnenschein, laue Temperaturen: Es waren wunderschöne Weihnachtstage in Rom. Allerdings ist das seit Wochen schöne Wetter ein vergiftetes Geschenk.

Die Feinstaubwerte in der Luft liegen konstant über den Grenzwerten. Seit Ende Oktober schon regnet es in ganz Norditalien nicht mehr, obwohl im langjährigen Mittel November und Dezember die niederschlagsreichsten Monate sind. Das ist nicht nur für die Skifahrer unschön. Unten in der Poebene atmen die Menschen miserable Luft, weil kein reinigender Regen niedergeht und Windstille für geringen Luftaustausch sorgt.

So meldete Mailand zu Weihnachten den 31. Tag in Folge, an dem die Feinstaub-, die PM10-Werte, überschritten wurden. Bis zum 31. Dezember könnten es 100 Tage im Jahr 2015 werden. Quer durch Italien wird keine der Metropolen die von der EU als Limit gesetzten 35 Tage pro Jahr einhalten. Rom liegt jetzt schon bei 60, Turin bei 80, Neapel bei 70 Tagen.

Höchstens 50 Mikrogramm pro Kubikliter Luft darf nach der EU-Richtlinie der Feinstaub – jene Partikel, deren Durchmesser weniger als 10 Mikrometer groß ist – betragen. PM10 dringt anders als gröberer Staub tief in die Lunge ein, verursacht Asthma und kann Atemwegsleiden verschlimmern. Italiens Gesundheitsbehörden schätzen, dass in besonders belasteten Städten die Lebenserwartung um ein bis zwei Jahre sinkt.

Ursachen: Industrie, KFZ-Verkehr, Heizungen

Seit 2005 sind die EU-Vorschriften in Kraft, doch in ganz Europa reißen Städte jedes Jahr die 35-Tage-Schwelle. Das Wetter mag das Problem verschlimmern, die Ursachen liegen woanders: bei Industrie und Kraftwerken, beim KFZ-Verkehr, bei den Heizungen. Und so weiß die EU auch ein Gegenmittel. „Aktionspläne“ müssen her, sobald die PM10-Werte aus dem Ruder laufen; wer mehr als 35 Tage pro Jahr über dem Grenzwert liegt, muss Interventionen nachweisen. Worin die bestehen, überlässt die EU den Mitgliedstaaten. Italien delegiert die Sache an die Gemeinden.

Entsprechend buntscheckig sind die Notfallmaßnahmen. Rom zum Beispiel verhängte diese Woche ein teilweises Fahrverbot; am Montag bleiben die Autos mit ungerader Endziffer auf dem Kennzeichen stehen, am Dienstag die mit gerader. Dafür ist eine Busfahrkarte zu 1,50 Euro statt für 100 Minuten den ganzen Tag lang gültig. Außerdem müssen die Wohnungsheizungen auf 18 statt 20 Grad abgesenkt werden.

Auf verbilligtes Busfahren setzt auch Mailand. Sie verbietet zusätzlich an drei Tagen in Folge, von Montag bis Mittwoch, jeweils von 10 bis 16 Uhr komplett den privaten Fahrzeugverkehr; ausgenommen sind nur Elektro- und Hybridwagen. Zahlreiche Kommunen rund um die Metropole haben sich angeschlossen. Die rechte Regionalregierung polemisiert allerdings gegen den linken Mailänder Bürgermeister. Der Regionalminister für Umwelt hat einen anderen Vorschlag zur Luftreinhaltung: Am besten wäre es, zu Silvester Feuerwerke zu verbieten, meint er.

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