„Smombie“ ist Jugendwort des Jahres: Teenager, die auf Handys starren

Eine Jury hat das Jugendwort des Jahres gekürt: „Smombie“, ein Mix aus Smartphone und Zombie. Die Bedeutung ist klar – aber kaum jemand kennt den Begriff.

Zwei als Zombies verkleidete junge Frauen

Totale Trauer. Smombies, denen man ihre Smartphones geklaut hat. Foto: dpa

MÜNCHEN dpa | Das neue „Jugendwort des Jahres“ stiftet Verwirrung – bei Jugendlichen und selbst bei denen, die den Begriff zum Sieger gekürt haben. Es spielt auf die Abhängigkeit von Smartphones an und heißt: "Smombie“. „Smombie? Nie gehört!“, sagt der 18 Jahre alte Friedrich Roderfeld, Mitglied der Bundesschülerkonferenz. Er ist damit nicht alleine.

Nach Angaben der Jury ist das Wort, das am Freitag in München im Auftrag des Langenscheidt-Verlags gekürt wurde, eine Kombination aus Smartphone und Zombie. Es beschreibt jemanden, der von seiner Umwelt nichts mehr mitbekommt, weil er nur noch auf sein Smartphone starrt.

"„Smombie“ ist mein absolutes Lieblingswort“, erklärt Jurorin Ilknur Braun. „Es beschreibt punktgenau die heutige Selbstverständlichkeit vieler Menschen im Umgang mit dem Smartphone.“ Doch auch für Bravo-Chefredakteurin Nadine Nordmann und die YouTube-bekannten Zwillinge „Die Lochis“, alle drei ebenfalls Jury-Mitglieder, war das Wort neu.

Roderfeld sagt, er kenne das mit „Smombie“ beschriebene Phänomen natürlich. Auf Spotify werde auch immer wieder davor gewarnt, wie gefährlich es sein könne, wenn man dank Smartphone die Welt um sich herum nicht mehr wahrnehme. Darum sei es schon gerechtfertigt, dieses Phänomen zum Jugendwort des Jahres zu machen. „Aber in meinem Freundeskreis benutzt das Wort niemand.“

Seit 2008 lässt der Langenscheidt-Verlag das „Jugendwort des Jahres“ küren, um für das Lexikon „100 Prozent Jugendsprache“ zu werben. Und alle Jahre wieder entbrennt eine Debatte darum, ob Jugendliche denn wirklich so sprechen. Eine Ausnahme bildet da der Satz „Läuft bei dir“, der im vergangenen Jahr gewann und von dem der ein oder andere junge Mensch tatsächlich sagte, er komme hin und wieder in seinem Alltag vor.

Sehr geringer Bekanntheitsgrad

„Ich halte von der ganzen Aktion nicht so viel – außer dass sie eine extrem gelungene Marketing-Aktion ist, zu der man Langenscheidt nur gratulieren kann“, sagt der Vorsitzende der Gesellschaft für deutsche Sprache, Peter Schlobinski. "„Smombie“ drückt zumindest einen gewissen Zeitgeist aus, weil man ja immer wieder sieht, dass Jugendliche auf ihr Smartphone fixiert sind. Das Wort hat vielleicht eine gewisse Symbolwirkung, scheint mir aber nicht weit verbreitet zu sein.“ Schlobinski bezeichnet „Smombie“ als „Eintagsfliege“.

Er habe nach „Jugendwort“-Wahlen seine Studenten immer wieder gefragt, ob sie das Wort schon einmal gehört hätten, sagt der Sprachwissenschaftler der Uni Hannover. Das Ergebnis: “80 oder 90 Prozent hatten das Wort nicht im Sprachgebrauch, die meisten kannten es nicht einmal.“ Schlobinskis Einschätzung ist deutlich: “Diese Aktion zeichnet aus, dass sie mit der Sprache von Jugendlichen nichts zu tun hat.“

Jetzt ist der Durchschnitts-Student vielleicht auch schon etwas zu alt für „Jugendsprache“. Aber selbst Jugendliche, die in diesem Jahr in der „Jugendwort“-Jury saßen, kannten das Wort „Smombie“ überhaupt nicht. „Ich habe noch nie in meinem Leben davor das Wort gehört“, sagt der 16-jährige Roman Lochmann, der zusammen mit seinem Zwillingsbruder Heiko als „Die Lochis“ eine beachtliche Youtube-Fangemeinde um sich versammelt hat.

Zweiter Platz für „Earthporn“

Sein Bruder und er hätten für den zweitplatzierten Begriff „Earthporn“ (etwa: Erd-Porno, für schöne Landschaftsbilder) gestimmt. Dieser sei – ähnlich wie Food-Porn (Essens-Porno) – in sozialen Netzwerken deutlich weiter verbreitet als der unbekannte „Smombie“. Die beiden Brüder sahen die ganze Wahl etwas skeptisch, auch wenn es „trotzdem eine schöne Veranstaltung“ gewesen sei. Auf der Vorschlagsliste hätten ihnen einige Begriffe gefehlt.

„Earthporn“ war auch der Favorit von Jury-Mitglied und Bravo-Chefredakteurin Nordmann. „Smombie“ sei zwar ein Begriff mit Augenzwinkern, sagt sie. In ihrer Zeitschrift tauche das „Jugendwort des Jahres“ bislang allerdings noch nicht auf.

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