So berichtet die taz über Brasilien: Bei der WM steht viel auf dem Spiel

Die Wahrheit liegt bei dieser Weltmeisterschaft nicht nur auf, sondern vor allem neben dem Platz. Das taz-WM-Team berichtet digital und gedruckt.

4. Juni: Sieht aus wie ein Fan, demonstriert jedoch gegen die WM-Kosten Bild: ap

Die Besonderheit dieser Fußball-WM, die heute mit dem Spiel der brasilianischen Auswahl gegen das krass außenseiterische Kroatien beginnt, ist, dass sie schon vor dem ersten Spielzug die politisch und gesellschaftlich unruhigste aller Zeiten ist. Seit Brasilien den Zuschlag für das neben Olympischen Spielen größte Sportspektakel erhalten hat, lebt dieses Land von seinen Protesten, von Aufständen und von der immer gleichen Wut: Warum wird für ein solches Event so viel Geld ausgegeben? Geld, das besser ins Bildungs- und Gesundheitssystem investiert würde? Warum wird den Fifa-Sportpotentaten das Privileg eingeräumt, alle Profite kassieren zu dürfen, nichts aber dem Land zurückgeben zu müssen?

Kein WM-Turnier lebte je von einer solchen Unruhe, von solchen Protesten und von dem, was eine politisch wache Bürgergesellschaft auszeichnet. Brasilien – das ist momentan auch der Aufstand jener Menschen, die an die segnenden Kräfte einer weitgehend unregulierten Marktwirtschaft nicht mehr glauben können. Oder wollen: Immerhin ist ja Brasilien keine Militärdiktatur mehr. Meinungs- und Demonstrationsfreiheit, wenngleich durch das harte Vorgehen der brasilianischen Polizeikräfte mitunter ausgehebelt, sind unstrittig in der gesellschaftlichen Arena.

Die Frauen und Männer, die nun auf die Barrikaden gehen, die den U-Bahn-Verkehr in São Paulo lahm streiken, und das selbst im Angesicht Tausender Touristen aus den 31 Gastländern dieser WM, wissen genau, was sie tun: Von einem Patriotismus, der ihnen abfordert, nun zum Turnier Ruhe zu geben, auf dass die Seleção den Titel erringe, lassen sie sich offenbar nicht einlullen.

Vor 36 Jahren fand das WM-Turnier im Nachbarland Argentinien statt. In einer Zeit der Militärdiktatur, der mörderischen Unterdrückung von allen Oppositionellen. Es war ein Event der Ruhe, einer mit Waffengewalt erzwungenen. Die meisten Teams damals interessierten sich kein Stück für die politischen Umstände dort – und besonders blind für diese Friedhofsstille waren der DFB und seine Spieler.

Aktion und Sport sind kein Widerspruch

Die taz berichtet bis zum 15. Juli täglich auf bis zu sechs Seiten von dieser WM. Von den Protesten, von Männern und Frauen, die aller Wut, allem Zorn zum Trotz die Welt in ihrem Land willkommen heißen – und politische Aktion und Sport nicht für einen Widerspruch halten.

Unsere Korrespondenten Markus Völker, Johannes Kopp, Andreas Behn und Martin Kaul werden direkt aus Rio de Janeiro, São Paulo, Belo Horizonte, San Salvador, Porto Alegre, Recife, Natal und Brasília berichten. Sportlich aus den Stadien und Trainingscamps; politisch von den Orten des Geschehens. Täglich, rund um die Uhr, für die gedruckte Zeitung wie für taz.de.

Fußball kann immer nur so gut sein wie die gesellschaftlichen Umstände, die ihn beleben. Wir wünschen Ihnen gute Lektüre!

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