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Sommer in EuropaRegenschirme im Juli und Hitze am Polarkreis

Die warmen Monate in Mitteleuropa waren launisch, anderswo wurden Hitzerekorde gebrochen. Ein Rückblick auf einen Sommer im Zeichen der Klimakrise.

Josep Gardenes, ein Bauer in Katalonien, muss bei der Birnenernte tagsüber Pausen einlegen, um sich abzukühlen Foto: Bruna Casas/Reuters

Berlin taz | Als Jahr des Badesees wird 2025 in Deutschland den Wenigsten in Erinnerung bleiben, gerade der Juli war kühl und niederschlagsreich. Trotzdem war der Klimawandel hierzulande auch in diesem Sommer präsent. Das belegt ein Bericht des Deutschen Wetterdienstes (DWD), der auf Auswertungen der rund 2.000 Wetterstationen im Bundesgebiet basiert.

Trotz des feuchten Juli lag demnach die Regenmenge diesen Sommer etwa fünf Prozent unter dem langjährigen Mittel der Referenzperiode 1961 bis 1990. Der von „gewittrigen Starkregen durchsetzte“ Monat bildete dem Bericht zufolge einen „Gegenpol“ zu Juni und August, die beide trocken waren.

Insgesamt sei die durch deutlich zu wenige Niederschläge im Frühjahr ausgelöste Trockenheit spürbar abgemildert worden. „Trotzdem konnte der regnerische Juli auch nicht das ganze Defizit aus dem Frühjahr kompensieren“, sagt DWD-Sprecher Andreas Walter.

Die Durchschnittstemperatur lag zwischen Juni und August indes um 2 Grad höher als im Mittel der Jahre 1961 bis 1990. Ausschlaggebend waren vor allem „markante Hitzewellen“ im Juni und im August, heißt es vom DWD. Dabei war der Juni dem Bericht nach sogar der siebtwärmste seit 1881. Die nationale Höchsttemperatur sei mit 39,3 Grad aus Andernach am Mittelrhein in Rheinland-Pfalz gemeldet worden.

Sommer außerhalb Deutschlands extrem heiß

„Der Klimawandel ist ungebrochen“, sagte Walter. Die Wechselhaftigkeit ordnet der Experte als natürliche Schwankungen ein: „Die Klimatrends sind keine Geraden. Temperatur und Niederschlagmenge sind um den Trend herum gestreut.“ Ein Sommer wie 2025 sei also erwartbar und füge sich in die Klimaprojektionen ein.

Dennoch führten Rechte insbesondere das Juli-Wetter immer wieder als angeblichen Gegenbeweis zum Klimawandel ins Feld. So schreibt etwa das verschwörungsideologische Online-Portal Report24, die Realität spiele irgendwie einfach nicht mit beim Bild, das „Klimaalarmisten in den Mainstreammedien“ zeichnen wollen würden. Andreas Walter vergleicht dies mit der Behauptung, weil es schneit, könne der Klimawandel nicht real sein: „Das ist völlig hirnrissig.“

Zumal sich das Wetter außerhalb Deutschlands deutlich erbarmungsloser gezeigt hat: So wurde die Welt 2025 Zeuge des drittwärmsten Juli seit Beginn der Wetteraufzeichnungen, dem Regen in Deutschland zum Trotz. 50,5 Grad im südostanatolischen Silopi waren die höchste jemals in der Türkei gemessene Temperatur.

Auch in Skandinavien war es ungewohnt heiß: „Dort wurden an verschiedenen Stationen über viele Tage nacheinander Temperaturen von über 30 Grad gemeldet“, sagt DWD-Sprecher Walter. „Und das fast am Polarkreis!“

In mehreren norwegischen Orten etwa wurden 13 Tage am Stück entsprechende Temperaturen erreicht, Höchstwerte lagen nahe 35 Grad Celsius. Das ist laut DWD „ein Novum seit Beginn der Wetteraufzeichnung“. Das Meer an der norwegischen Küste hatte sich infolgedessen auf bis zu 19 Grad erwärmt, rund sechs Grad mehr als zu dieser Jahreszeit üblich.

Auch im nördlichen Schweden und Finnland ereigneten sich ähnlich ungewöhnliche Hitzeereignisse. Den Einfluss des Klimawandels darauf hat kürzlich eine Studie festgestellt.

Mittelmeer war deutlich zu heiß

Ein weiterer Rekord wurde in Großbritannien gebrochen: Juni bis August 2025 stellten den heißesten Sommer seit Aufzeichnungsbeginn in den 1880er Jahren dar. Mit durchschnittlich 16,1 Grad lag die Durchschnittstemperatur etwa anderthalb Grad über der Referenzperiode, wie das britische Wetterinstitut Met Office mitteilt.

Damit rutscht der Sommer 1976 aus den Top 5 der heißesten Sommer des Landes, die Liste besteht jetzt nur noch aus Jahren seit 2000. Ein Grund waren ungewöhnlich hohe Temperaturen im Meer um die britischen Inseln.

Auch das Mittelmeer war zu heiß, mit 26 Grad etwa drei Grad mehr als das Mittel zwischen 1991 und 2020. Währenddessen litt Südeuropa unter Hitzewellen jenseits der 40 Grad Celsius, Waldbrände verheerten ganze Landstriche.

Angetrieben von gigantischen Feuern in Spanien und Portugal verbrannte in Europa dem Erdbeobachtungsdienst Copernicus zufolge bereits im August so viel Wald wie noch nie in einem ganzen Jahr.

„In Deutschland haben wir zwischen all diesen Extremen gelegen“, fasst Andreas Walter vom DWD zusammen. „Dadurch haben wir dieses unbeständige Wetter bekommen.“

Solange im Norden und Süden Europas ausgeprägte Hochs liegen, stehen die Chancen auf stabiles Sommerwetter in Mitteleuropa eher schlecht, da infolgedessen Tiefdruckgebiete begünstigt werden. So war der verregnete Juli letztlich auch ein Ergebnis der Hitzewellen in Nord- und Südeuropa.

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2 Kommentare

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  • Hören wir auf, von "schönem"/"gutem" Wetter zu sprechen, wenn der nötige Regen fehlt, wenn es überheiß ist.



    Wer weiterhin in den gemäßigten Breiten leben möchte - das, was wir an schönem gutem Wetter gewohnt sind -, worauf wir wohl in vielerlei Hinsicht eingestellt sind, der/die sollte zweitens den Klimaschutz deutlicher anpacken als bis jetzt. Die gesellschaftliche Mehrheit wäre da.

  • Die Erderwärmung ist fast überall spürbar. Ich sitze gerade auf meiner Veranda in meiner Heimatstadt Tromsø. Bis zum Polarkreis sind es von hier gute 350km Luftlinie. Unser Aussenthermometer zeigt am frühen Abend 19 Grad an und an meinem kleinen Küstenstreifen vor Tromsø gelegen, beträgt die Wassertemperatur derzeit 14 Grad. Ein normaler Wert um diese Zeit wären 10 Grad. Im Sommer herrschten hier durchweg Temperaturen von um die 20 Grad während im letzten Winter die Temperaturen im Durchschnitt bei +5 Grad lagen. Es ist noch nicht allzu lange her, da galten hier im Sommer 15 Grad als Hitzewelle und ein Winter galt als mild bei Temperaturen von - 5 Grad.

    Die Auswirkungen sind besonders bei den Meeresbewohnern spürbar. Der Zyklus verändert sich langsam in dem Heeringsschwärme, Wale oder Robben in die Region ziehen um zu überwintern oder zu laichen. Auch viele einheimische Arten bekommen zusehends Probleme sich an die steigenden Wassertemperaturen anzupassen. Vom Anstieg des Meeresspiegel durch das Schmelzwasser ganz zu schweigen. Die Gletscher von Spitzbergen schmelzen im Rekordttempo, mit direkten Auswirkungen auf unsere Region. Zwar noch nicht optisch sichtbar, aber messbar.