Sonderbeilage zum G20-Gipfel: Ungleich starke Enden verbinden

Am 20./21. Mai 2017 lagen der taz acht Sonderseiten zum Thema G20-Gipfel bei.

Bild: Imke Staats

Es fängt ja schon mit diesem Knoten an. Ein Kreuzknoten! Das offizielle Symbol des G20-Gipfels ist doch tatsächlich der Kreuzknoten. Mal davon abgesehen, dass das mit den maritimen Assoziationen so eine Hamburger Marketing-Marotte ist – unter Seglern weiß man: Der Kreuzknoten ist zum „Verbinden zweier gleich starker Enden“ da. Und davon kann bei den G20 ja wohl überhaupt keine Rede sein, weniger noch als bei den G12, G8, G7 oder G6. Südafrika und die USA, Argentinien und China, Brasilien und die EU – gleich starke Enden? Nee. Dafür muss man noch nicht mal jene in den Blick nehmen, über die auf dem Gipfel geredet wird, statt mit ihnen.

Bild: Imke Staats

Wollte man unbedingt zusammenbinden, was vielleicht gar nicht so sehr zusammengehört, würden Segler den „Schotstek“ empfehlen, der zum „Verbinden zweier ungleich starker Enden“ erfunden wurde, also von einem dicken und einem dünnen. Wie der Kreuzknoten hat er den Vorteil, dass er sich unter Zug immer fester zuzieht. Er ist aber ein wenig schwieriger zu binden.

Was lässt sich daraus nun schließen? Entweder ist es mit dem Maritimen in Hamburg nicht so weit her, wie oft behauptet wird, und es hat schlicht keiner gemerkt, dass der Kreuzknoten ein schiefes Symbol ist. Oder die für den G20-Auftritt zuständigen Werber sind Freizeitsegler und wussten genau, was sie tun: mit dem hanseatisch-maritim daherkommenden Knoten-Logo Symmetrie vorgaukeln, wo keine sein kann. Die offiziöse Gipfel-Propaganda finge schon beim Logo an.

Bild: Imke Staats

Der wollen wir mit dieser taz-Sonderausgabe ebenso entgegentreten wie mit acht täglichen Sonderseiten in der Gipfelwoche. Wir fragen offen, ob der G20-Prozess überhaupt Sinn hat und warum der Gipfel in einer Großstadt wie Hamburg stattfinden muss. Ob Protest legitim oder gar geboten ist. Was die Bürgerrechte an den Gipfeltagen noch zählen werden oder ob der Sicherheitsstaat seine hässliche Fratze zeigt.

Und der Kreuzknoten? Den haben wir kurzerhand gekapert. Wir dürfen das. Weil wir uns den weltweiten Initiativen verpflichtet fühlen, die den G20-Prozess eben eben wegen der in ihm angelegten strukturellen Asymmetrien, wegen der nach außen zugekleisterten Machtverhältnisse kritisieren – und dabei alles dafür tun, einander auf Augenhöhe zu begegnen.

Jan Kahlcke ist Ressortleiter der taz.nord

 

Pro& Contra: "Dürfen die das?" Wer/was legitimiert den G20-Prozess? Ist G20 viel besser als G8? Oder sind die Schwellen- und Entwicklungsländer nur Staffage am Katzentisch? Und ist Widerstand dagegen moralisch vertretbar oder gar geboten? Gernot Knödler vs. Lena Kaiser

 

Worum geht's? Und worum sollte es gehen? Die Agenda der G20 auf einen Blick (Malte Kreutzfeld) und die taz-Agenda dagegen geschnitten: Unsere Arbeitsaufträge an die G20. Christian Jakob

 

Warum denn hier? Jahrelang fanden die Gipfel auf dem platten Land statt, weil sie dort leichter zu schützen sind. Nun kehren die G20 in die Großstadt zurück. Nach welcher Arithmetik ist es eigentlich Hamburg geworden. Und hätte es dort nicht bessere Orte gegeben wie die Insel Neuwerk in der Elbmündung? Stattdessen ausgerechnet im Karoviertel, dem historischen Herzen des linken Widerstands gegen alles und jedes. Porträt eines Stadtteils. Jan Kahlcke

 

Wimmelbild: Da ist der Protest: Stadtplan der Protestorte. Katharina Schipkowski und Imke Staats (Illustrationen)

 

Streitgespräch: Der Hamburger Staatsrat und Leiter des G20-Arbeitsstabs Wolfgang Schmidt mit dem Hamburger Linken-Bundestagsabgeordneten Jan van Aken darüber, wie Hamburg während des G20-Gipfels Bürgerrechte und Meinungsfreiheit garantieren will und ob das besser ist, als Gipfel nur noch in autoritären Staaten durchzuführen. Moderation: Marco Carini

 

Eine neue Einheitsfront: Hilft der Besuch der Lieblingsfeinde Putin, Erdogan und Trump, Jahrzehnte alte Gräben innerhalb der Linken zuzuschütten – wenigstens für ein paar Tage?

 

Das macht die Polizei: Das G20-Sicherheitskozept runtergebrochen auf den Alltag: Sicherheitszonen, Sondergefängnisse - und was wird aus den Bürgerrechten? Kai von Appen