Sozialdemokraten und die K-Frage: Alles eine Frage der Taktik

Gabriel, Steinbrück und Steinmeier wollen Kanzlerkandidat der SPD für die Wahl im kommenden Jahr werden. Offiziell ist das Rennen aber noch nicht eröffnet.

Fröhliche Sozialdemokraten: Ex-Bundesfinanzminister Steinbrück, Parteichef Gabriel und Bundesfraktionsvorsitzender Steinmeier. Bild: dapd

BERLIN taz | Wer wird der Kanzlerkandidat der SPD? Die Antwort auf diese Frage wird in einer Art zähem taktischem Rennen entschieden.

Am Start: Parteichef Sigmar Gabriel, Exfinanzminister Peer Steinbrück sowie Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier. Auf den Rängen: die innerfraktionellen Flügel aus Parlamentarischer Linker, Seeheimer Kreis und dem Netzwerk Berlin. Außerdem die Landeschefs und die Jusos, die Gewerkschaften, die Genossinnen und Genossen und nicht zuletzt die Wählerinnen und Wähler. Ab und zu schaut jemand von den anderen Parlamentsfraktionen vorbei und pöbelt ein bisschen rum.

Rennleiter und -teilnehmer in Personalunion ist Sigmar Gabriel. Der Parteivorsitzende hält seit Wochen die Pistole für den Startschuss in der Hand, drückt aber nicht ab. Das, sagt er, wolle er erst tun, „wenn die Inhalte geklärt sind“. Und weil sich das – siehe Rentenkonzept und Niedersachsenwahl – hinzieht und das Publikum unruhig wurde, haben er und seine beiden Konkurrenten wie nebenbei die Startlinie übertreten und schlendern seither schon mal ganz langsam los in Richtung Ziel.

Sigmar Gabriel muss sich dabei nicht verausgaben – er hat mit dem Durchsetzen seines Rentenkonzepts im Parteivorstand gerade gezeigt, wie wichtig und richtlinienkompetent er für die Sozis ist. Auch deshalb drängt es ihn gerade nicht so arg aufs Siegertreppchen.

Das unterscheidet ihn von Peer Steinbrück. Der hat politisch schon fast alles gemacht. Jetzt will er auch Kanzler. Er weiß, er muss dieses Rennen gewinnen. Eine zweite Chance bekommt der 65 Jahre alte Ausnahmeathlet nicht. Um seine Fähigkeiten herauszustreichen, hat er gerade ein Konzept zur Bankenregulierung vorgelegt, in dem er einen „Banken-ESM“ fordert. Mit 150 bis 200 Milliarden Euro sollen die Geldhäuser aus Eigenmitteln ihre Rettung absichern, so sein Vorschlag.

Dass er auch sonst weiß, wo Geld zu holen ist, zeigt seine gerade hochkochende Briefkopfaffäre: als Bundesfinanzminister soll Steinbrück 2006 bei den Chefs von Post und Telekom um Sponsorengelder für ein Schachturnier in Bonn ersucht haben. Die Geschichte könnte sich noch als Stolperstein herausstellen, selbst wenn Generalsekretärin Nahles dem Läufer Steinbrück Luft zufächelt und sagt, sie halte die Sache für „nicht problematisch“.

Währenddessen zieht – ganz in Ruhe und vom Publikum kaum beachtet – Frank-Walter Steinmeier seine Runden. Der Fraktionsvorsitzende lächelt still vor sich hin, wenn es um die Frage nach dem Sieger geht. Das mag daran liegen, dass er als SPD-Kanzlerkandidat von 2009 noch gut in Erinnerung hat, wie sich ein Misserfolg anfühlt. Wie aufgebracht die Leute auf den Rängen reagieren, wenn man am Wahlabend mit gerade mal 23 Prozent – also einem Drittel weniger Leistung als beim Rennen 4 Jahre zuvor – über die Ziellinie torkelt.

Man spürt: Bei diesem Wettbewerb geht es mehr um Taktik als um Kondition, um Technik statt um Schnelligkeit. Die Konkurrenten laufen zwar bereits, aber sie tun so, als sei das Rennen noch nicht eröffnet, solange kein Schuss gefallen ist. Das nennen sie dann Fairness in der SPD.

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