Sozialpolitik-Expertin über Familienpolitik: „Das ist eine Mogelpackung“

Die Familienpolitik von Ministerin Schröder kommt bei Armen nicht an, sagt Expertin Barbara König. Im Gegenteil: Die, die schon viel Geld haben, bekommen noch mehr.

Durchblick verstellt: Ministerin Schröder Bild: dpa

taz: Frau König, nach der Evaluation der familienpolitischen Leistungen durch ihr Ministerium zieht Familienministerin Kristina Schröder den Schluss, Familienpolitik hierzulande sei erfolgreich. Hat sie recht?

Barbara König: Nein. Die monetären Leistungen sind komplett ungerecht. Die, die wenig haben und staatliche Zuwendungen brauchen, bekommen sie nicht. Die, die viel haben, bekommen noch mehr. Das zeigt allein das Kindergeld …

Das laut der Ministerin Kinder vor Armut schützt.

Eben nicht. Es wird auf Hartz IV angerechnet, arme Kinder bekommen faktisch nichts. Normalverdienende erhalten 184 Euro pro Kind und Gutverdienende noch einmal 100 Euro drauf.

Das will die Union im Falle eines Wahlsieges ändern – mit einem Familiensplitting. Das soll Kindergeld, Ehegattensplitting und Steuerfreibetrag zusammenfassen.

Das ist eine Mogelpackung und wird bedürftige Kinder nicht aus der Armut holen. Vor allem höhere Freibeträge wirken nur bei oberen Einkommen positiv. Wenn die Bundesregierung diese jetzt erhöht, bliebe die soziale Schieflage hier so, wie sie jetzt ist. Der einzige Effekt wäre, dass auch homosexuelle und unverheiratete Paare davon profitieren.

, 43, ist Politologin und Geschäftsführerin des Zukunftsforums Familie in Berlin, einem 2002 auf Initiative der Arbeiterwohlfahrt gegründeten Lobbyverband.

Schröders Credo ist „Wahlfreiheit“. Gibt es noch ein familienpolitisches Leitbild?

Die Familienministerin hat offensichtlich keins. Das zeigen ihre widersprüchlichen Maßnahmen. Einerseits fordert sie den Kita-Ausbau, andererseits führt sie das Betreuungsgeld für Mütter zu Hause ein. Die Gesellschaft ist hier weiter als die Bundesregierung, die befürwortet einen erweiterten Familienbegriff.

Wie sieht der aus?

Weg von der traditionellen Ehe, hin zum unterschiedlichen Zusammenleben mit Kindern und Älteren. Das sollte sich rechtlich und bei den familienpolitischen Leistungen niederschlagen.

Muss Familienpolitik für mehr Kinder sorgen?

Nein, das nicht. Die Politik würde sich daran verheben, wenn sie versuchen würde, private Entscheidungen zu steuern.

Dann hat Kristina Schröder also recht, wenn sie sagt, der Staat habe sich aus den Familien rauszuhalten.

Das nun auch wieder nicht. Der Staat sollte sich um die Kinder kümmern, die da sind. Finanziell, beispielsweise mit einer Kindergrundsicherung, wie wir sie fordern. Immateriell mit genügend Kitaplätzen und guter Bildung.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.