Spanien kauft private Schnellstraßen: Bad Bank der Autobahnen

Mehrere Bezahlstraßen in Spanien sind pleite. Jetzt steigt der Staat ein. Die Regierung will die Übernahme als „gutes Geschäft“ verkaufen.

Wer den Stau nicht will, weicht auf die mautpflichtigen Autobahnen aus – deren Betreiber werden jetzt in Spanien vor der Pleite gerettet. Bild: reuters

MADRID taz | Nach der Bankenrettung kommt nun die Autobahnenrettung: Spaniens konservative Regierung unter Ministerpräsident Mariano Rajoy wird neun Mautautobahnen in Staatseigentum überführen. Die Bezahlbahnen sind pleite. Dazu wird eigens eine Auffanggesellschaft – eine Art Straßen-Bad-Bank – gegründet. Die Operation wird den Staat zwischen 3 und 6 Milliarden Euro kosten – je nachdem, wer rechnet.

Fünf der neun betroffenen Schnellstraßen befinden sich in der Region Madrid. Die Pleite der Betreiberfirmen zeugt vom endgültigen Scheitern eines Entwicklungsmodells, das auf die Bauwirtschaft setzte – und konservative Parteien in ganz Europa von Spanien als Beispiel für gute Wirtschaftspolitik schwärmen ließ.

„Es ging darum, ganze Regionen für die Bauindustrie zu erschließen“, sagt Paco Seguro, Verkehrsexperte der Umweltschutzorganisation Ecologistas en Acción. Ein Autobahnanschluss ließ Grundstücks- und Wohnungspreise in der Nähe bis zu 15 Prozent in die Höhe schnellen.

In der Region Madrid antstanden so Ende der 1990er Jahre fünf neue, sternförmig auf die spanische Hauptstadt zulaufende Schnellstraßen – und das, obwohl die Region bereits über acht solcher Autobahnen verfügte. „Madrid wurde endgültig zu der Region Europas mit den meisten Schnellstraßenkilometern pro Einwohner“, sagt Seguro.

Die Wirtschaft ankurbeln

Die neuen Straßen kurbelten die Bauwirtschaft tatsächlich an: Von 1996 bis 2007 wurden pro Jahr zwischen 30.000 und 70.000 Baugenehmigungen für Wohnungen vergeben. Aber die Rechnung ging nicht auf. Viele Appartements wurden als vermeintliche Investition gekauft. Aber in der Region Madrid steht heute jede zehnte Wohnung leer. Die neuen Straßen waren nie zu mehr als 40 Prozent ausgelastet. Heute sind es sogar weniger als 20 Prozent. Die Einnahmen reichen nicht mehr, um die Kredite zu bedienen.

Für die Baufirmen bleibt die Fehlinvestition dennoch ein rundes Geschäft. Vertreten sind alle großen Unternehmen des Bausektors in Spanien. Sie gründeten meist eigene Tochtergesellschaften, die die Autobahnen in Auftrag gaben und betrieben.

Die Unternehmen trieben die Baukosten in die Höhe und verdienten damit weit mehr als die übliche Gewinnspanne beim Straßenbau. Jetzt gehen die Betreiber bankrott – die Mutterunternehmen behalten die Gewinne. Die Banken sollen nun zu einem Schuldenschnitt von rund 50 Prozent bewogen werden. Die Regierung Rajoy versucht das ganze Desaster als „gutes Geschäft“ für den Staat zu verkaufen. „Die Autobahnen haben gezeigt, dass sie mittel- bis langfristig ein hervorragendes Geschäft sind“, erklärt der zuständige Staatssekretär.

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