Spannungen auf Koreanischer Halbinsel: Nordkorea sprengt Verbindungsbüro

Südkorea berichtet über eine Explosion in der grenznahen Stadt Kaesong. Nordkoreas Armee droht, in die demilitarisierte Zone einzumarschieren.

Rauchwolke in einer leeren bewölkten Landschaft

Rauch über dem nordkoreanischen Kaesong am Dienstagnachmittag Ortszeit Foto: Yonhap/reuters

BERLIN/SEOUL taz/afp | Nordkorea hat nach Angaben der südkoreanischen Regierung das gemeinsame Verbindungsbüro in der Grenzstadt Kaesong zerstört. Nordkorea habe das Büro am Dienstag „in die Luft gesprengt“, erklärte das Vereinigungsministerium in Seoul.

Die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap berichtete, bei dem nordkoreanischen Kaesong, wo sich neben dem Verbindungsbüro auch ein stillgelegtes gemeinsames Industriegebiet befindet, sei nach einer Explosion Rauch aufgestiegen.

Kim Yo Jong, die einflussreiche Schwester von Machthaber Kim Jong Un, hatte vor einigen Tagen mit einer Militäraktion gegen Südkorea gedroht – und dabei auch das Verbindungsbüro in Kaesong erwähnt. „In Kürze wird eine tragische Szene des komplett eingestürzten, nutzlosen Nord-Süd-Verbindungsbüros zu sehen sein“, hatte sie am Samstag erklärt. Das Regime in Pjöngjang hatte eine Woche zuvor die Kommunikationsverbindungen zum Süden abgebrochen. So wurde ein täglicher telefonischer Routineanruf nicht mehr beantwortet.

Am Dienstag drohte dann auch noch die nordkoreanische Armee mit einer Militäraktion. Nordkoreas Armee sei „voll einsatzbereit“, erklärte der Generalstab der Koreanischen Volksarmee.

Nordkoreas Armee droht mit „Aktionsplan“

Wegen einer Verschlechterung der innerkoreanischen Beziehungen werde bereits ein „Aktionsplan“ geprüft, um „die Frontlinie in eine Festung zu verwandeln“, wurde die Armeeführung von den Staatsmedien zitiert. Die Armee will demnach wieder Soldaten in Gebiete schicken, die nach einem Abkommen zwischen beiden Ländern entmilitarisiert wurden.

Die nordkoreanische Armee machte keine Angaben dazu, in welche Gebiete sie wieder vordringen will. Südkoreanischen Medienberichten zufolge könnte Nordkorea wieder Grenzposten an der stark befestigten gemeinsamen Grenze einrichten, die nach einer Vereinbarung von 2018 abgebaut worden waren.

Anlass des aktuellen Konflikts sind Flugblatt-Aktionen südkoreanischer Aktivisten und im Süden lebender Flüchtlinge aus dem Norden. In den Flugblättern, die meist mit Ballons über die Grenze geschickt werden, wird Nordkoreas Machthaber für Menschenrechtsverletzungen und seine Atompolitik kritisiert.

Die kommunistische Führung in Pjöngjang wirft der Regierung in Seoul vor, die Aktivisten nicht an ihren Aktivitäten zu hindern. Am Dienstag drohte Nordkoreas Armee nun ihrerseits mit einer „großangelegten Flugblattaktion“.

Seouls Dilemma mit Ballons voller Flugblätter

Südkoreas um Entspannungspolitik bemühte linksliberale Regierung von Prasident Moon Yae In drohte inzwischen den Flugblattaktivisten mit juristischen Schritten. Die Details sind jedoch unklar. Eine hohe Hürde ist dabei die im Süden geltende Meinungsfreiheit. Doch spricht sich in Umfragen eine Mehrheit der Südkoreaner gegen die Flugblattaktionen aus, weil sie Spannungen zwischen Nord und Süd anheizen.

Die innerkoreanischen Beziehungen sind seit dem gescheiterten Gipfel Nordkoreas mit den USA im Februar vergangenen Jahres zum Erliegen gekommen. Experten vermuten, dass Nordkorea mit einer Eskalation des Konflikts mit Südkorea den Druck sowohl auf Seoul als auch auf Washington erhöhen will. Den Süden will Pjöngjang drängen, die gemeinsam betriebene Industriezone Kaesong wieder zu eröffnen, die ein wichtier Devisenbringer war. Von den USA erhofft sich Nordkorea eine Lockerung der Sanktionen, was zur großen Enttäuschung des Nordens keine Folge der beiden Gipfeltreffen mit Donald Trump waren.

Beobachter sehen in Nordkorea Anheizen der Spannungen ein Indiz dafür, dass der Norden in wachsenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten steckt und von diesen ablenken will.

Die Drohungen entsprechen zudem Nordkoreas bisherigem Eskalationsmuster. Pjöngjang rasselt immer dann auffällig mit dem Säbel, wenn es für die US-Regierung besonders unpassend ist. So ist der wahlkämpfende US-Präsident Trump momentan wegen der Black-Lives-Matter-Proteste und der Coronakrise in der Defensive und kann nicht noch eine außenpolitische Krise gebrauchen.

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