Spardebatte: Schauspielhaus droht mit Pleite

Kultursenator findet, das Schauspielhaus könnte auch mit weniger Produktionen und Regisseuren arbeiten. Das Theater hält das für realitätsfremd.

Solidarisch: Thalia-Intendant Joachim Lux protestiert vorm Schauspielhaus gegen die Kürzungen. Bild: dpa

"Wenn die Kürzung nicht zurückgenommen wird, muss ich in der Spielzeit 2011/2012 Insolvenz anmelden", sagt Schauspielhaus-Geschäftsführer Jack Kurfess. Er ist nicht nur schockiert über die Kürzung von 1,2 Millionen Euro, die Kultursenator Reinhard Stuth (CDU) verfügt hat. Sondern weiß auch schlicht nicht, wie er die Einsparung umsetzen soll, ohne das Haus zu demontieren.

"Ich kann natürlich den Malersaal schließen und dem Jungen Schauspielhaus die Spielstätte entziehen", sagt er. Dem stehe entgegen, dass Stuth ihn beim Flashmob vor der Kulturbehörde am 24. 9. ausdrücklich beauftragt habe, das Junge Schauspielhaus zu erhalten.

Bliebe Variante zwei: nur noch zwei Produktionen jährlich im Großen Haus. Stuth hat in einem Interview mit der Welt am Sonntag abermals dafür plädiert, doch das Schauspielhaus kontert: "Es gibt kein deutsches Staatstheater, das nur zwei Produktionen jährlich bietet. Üblich sind acht bis zehn", sagt Florian Vogel, der künstlerische Leiter. Eine solche Reduktion bedeute nicht nur eine Verarmung des Programms. Auch laste auf diesen beiden Neuproduktion ein enormer kommerzieller Druck. "Denn wir müssen ja dieselben Einnahmen erzielen wie vorher", sagt Vogel.

Befremden herrscht im Schauspielhaus auch angesichts der jüngsten Idee des Senators, die 1,2 Millionen bei den Honoraren für Gastregisseure und schauspieler einzusparen. "Dieses Argument ist völlig fachfremd", sagt Vogel. "An jedem staatlichen Theater in Deutschland bestehen die Kreativ-Teams jeder Produktion zu 90 Prozent aus Freiberuflern - sprich: Gästen." Fest engagierte Hausregisseure beschäftige das Schauspielhaus - anders als das Thalia - im übrigen keine. Ohne die Honorarkräfte könne man den Betrieb einstellen.

Außerdem gehe es ja gerade um Vielfalt. Man wolle verschiedene Handschriften zeigen, sagt Kurfess. Dies sei explizit die Aufgabe des Hamburger Schauspielhauses, das bereits Solidaritätsbekundungen aus Frankfurt und Dresden bekam. "Früher gab es immer eindeutige Positionierungen und unterschiedliche Profile der beiden Theater", so Kurfess. Während des Thalia für eine klassische Ausrichtung stand, konnte das Schauspielhaus experimenteller sein. Der theatrale Reichtum der Stadt spiegelte sich in dieser Struktur. "Ex-Kultursenatorin Christina Weiss hat diesen Unterschied noch offensiv vertreten", so Kurfess.

Aber der koste Geld, und so erkläre sich, dass das Schauspielhaus zwei Millionen Euro mehr erhalte als das Thalia. Wenn Senator Stuth behaupte, das Thalia komme mit zwei Millionen weniger aus, "verwechsle er Einnahme mit Ausgaben". Ausgegeben werde an beiden Häusern in etwa gleich viel. Stuth unterschlage, dass das Thalia an der Kasse zwei Millionen mehr einnehme, weil es aus Tradition eine andere Besucherstruktur habe - mehr Vollzahler und Abonnenten.

Dieser Unterschied in Struktur und Zielgruppe sei in Hamburg stets Konsens gewesen - aber das war eben unter der SPD-Kultursenatorin Weiss. Nach ihr wurden immer wieder Forderungen nach Subventionsangleichung laut, und jetzt herrscht der linientreue CDU-Mann Stuth. Ihm scheinen solche konzeptionellen Überlegungen fremd: Erst nach öffentlichen Protesten rückte er von seiner Idee einer Generalintendanz für beide Theater ab.

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