Sperrung von Kinderporno-Seiten: Irriges Kindchen-Schema

Der Chaos-Computer-Club protestiert gegen Internet-Zensur. Aktivisten glauben, dass gesperrte Seiten oft gar keine Kinderpornographie enthalten.

Von Hackern jetzt "Zensursula" getauft: Familienministerin von der Leyen. Bild: dpa

KARLSRUHE taz Unter dem Titel "Besuch bei Zensursula" lädt am Freitag der Chaos Computer Club (CCC) zu einer Mahnwache vor dem Bundespresseamt ein. Dort will am Vormittag Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) Verträge zur Sperrung von Kinderporno-Webseiten unterzeichnen. Vertragspartner sind neben von der Leyen das Bundeskriminalamt und fünf große Internet-Provider.

Der protestierende CCC fordert, dass lieber die Hersteller und Anbieter von Kinderpornografie verfolgt werden sollen, statt das Internet zu zensieren. Nach Auswertung verschiedener Zensurlisten von anderen Staaten fand etwa der Blogger Florian Walther heraus, dass die meisten als Kinderpornografie gesperrten Webseiten auf Servern in den USA, Kanada, Australien und Europa angeboten werden, "also in Staaten, in denen eine strafrechtliche Verfolgung durchaus möglich ist".

Dass diese Strafverfolgung nicht stattfindet, könnte aber daran liegen, dass auf den meisten der gesperrten Seiten gar keine strafbare Kinderpornografie zu sehen ist. Eine Auswertung der finnischen Zensurliste durch einen unbekannten Internet-Aktivisten ergab jedenfalls, dass von 1.047 gesperrten Internetseiten nur neun Seiten eindeutig kinderpornografisches Material enthalten haben sollen. Bei 28 Seiten sei ein kleiner Teil des Angebots oder der Links kinderpornografisch gewesen, 46 Seiten sollen legale Darstellungen von Kindern enthalten haben.

Der ganz große Rest sollen Seiten mit jugendlich aussehenden (männlichen und weiblichen) Modellen gewesen sein. Diese würden generell als "Teens" bezeichnet, auch wenn sie über 18 sind, jedenfalls wirkten sie nicht wie Kinder (unter 14 Jahren).

Die meisten gesperrten Seiten sollen nur Werbung mit Links zu Seiten enthalten, die wieder Werbung für andere Seiten enthalten. Es ist schwer, derartiges nachzuprüfen, denn die Zensurlisten müssen vertraulich sein, um nicht einschlägigen Kreisen als Anregung zu dienen.

Das Bundeskriminalamt (BKA) versicherte auf Anfrage der taz, dass in Deutschland "überwiegend" Seiten blockiert werden sollen, die selbst kinderpornografisches Material enthalten und nicht nur entsprechende Links. Aus Erfahrung der Zentralstelle Kinderpornografie im BKA wisse man, dass die im Internet dargestellte Kinderpornografie "zunehmend die Vergewaltigung von Klein- und Kleinstkindern" zum Gegenstand habe.

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